Kasuistiken: 1. Eine 31-jährige V Gravida IV Para, Zustand nach 3 maliger Sectio caesaria,
wurde in der 17. SSW mit Verdacht auf Uterusruptur vorgestellt. Es bestanden keine
Schmerzen oder Blutungen. Die Blasenhinterwand, Uterotomie und die plazentare Basalplatte
bildeten eine nicht von einander abgrenzbare Schicht von <3mm, so dass die Verdachtsdiagnose
einer Plazenta percreta gestellt werden musste. Es erfolgten regelmäßige Verlaufskontrollen,
Aufklärung über Therapieoptionen, stationäre Überwachung ab der 31. SSW. Bei Zervixverkürzung
und Wehentätigkeit wurde in der 33. SSW eine komplikationslose Sectiohysterektomieüber
den konventionellen Pfannenstielquerschnitt unter Schonung der Plazenta durchgeführt.
Intraoperativ und histologisch bestätigte die pränatale Diagnose. Die Mutter erhielt
weder intra- noch postoperativ Transfusionen. 2. Eine 32-jährige IV Gravida II Para,
Zustand nach einem Spontanpartus und einer primären Sectio caesaria wurde in der 31.
SSW mit Zervixinsuffizienz und Verdacht auf Plazenta percreta verlegt. Sonographisch
zeigte sich eine Plazenta praevia totalis mit dringendem Verdacht auf Plazenta percreta.
Bei zunehmender Zervixverkürzung wurde die Sectiohysterektomie in der 35. SSW durchgeführt.
Hierbei wurde die Plazenta bei Uteruseröffnung verletzt, so dass der Blutverlust Transfusion
mit 2 Eks erforderte. 3. Eine 43-jährige II Gravida I Para Zustand nach sekundärer
Sectio caesarea wurde mit vaginaler Blutung bei Plazenta praevia totalis in der 34.
SSW verlegt. Bei rezidivierenden Blutungen und beginnender Wehentätigkeit wurde die
sekundären Sectio caesarea durchgeführt. Erst intraoperativ zeigte sich eine Plazenta
percreta. Es wurde eine Sectiohysterektomie bei Atonie und Massenblutung durchgeführt.
Intraoperativer Blutverlust von ca. 5 L, Gabe von 8 EK s, 5FFPs. Anschließend erfolgte
eine Intensivmedizinische Überwachung für 24h.
Diskussion: Das Vorkommen der Plazenta accreta, increta oder percreta ist eine seltene, aber
häufig schwerwiegende Komplikation. Es liegt eine pathologische Invasionstiefe der
Plazentazotten vor. Bei der Plazenta accreta reichen die Zotten bis in die Dezidua
basalis. Plazenta increta: Zotten reichen bis ins Myometrium, Plazenta percreta: Zotten
reichen bis zur Uterusserosa bzw. in Nachbarorgane. Ätiologie: Es besteht eine abnorme
feto-maternale immunologische Situation. Begünstigende Faktoren sind uterine Narben,
Multiparität, tiefer Plazentasitz. Die Inzidenz ist steigend, in der englischen Literatur
sind von 1978–2001 18 Fälle beschrieben und 2002- Mitte 2004 66 Fälle (1). Generell
gilt für die Häufigkeit: 1:2500 aller Geburten, 1:10–20 bei Plazenta praevia, 1:4
bei Plazenta praevia und Z.n. 1x Sectio, 1:2,5 bei Z.n. 2x Sectio und anteriorer Plazenta
(2). Es tritt häufiger nach sekundärer als nach primärer Sectio auf. Therapie: Es
stehen 2 Strategien peripartal zur Verfügung: neben der elektiven Hysterektomie kann
ein uteruserhaltendes Vorgehen angeboten werden. Das konservative Management baut
auf das Belassen der Plazenta und ggf. Nachbehandlung mit Methotrexat oder Embolisation
und postpartalen ß-HCG-Kontrollen. Es hat den Fertilitätserhalt und die Minderung
des Blutungsrisikos zum Ziel. Kayman et al.(3) konnte zeigen, dass dieses Vorgehen
eine sichere Alternative zum operativen Management bietet. Entscheidend für das Management
und das Outcome ist die präpartal gesicherte Diagnose, wie in den oben gezeigt. Zur
Diagnostik gehört die sonographische Untersuchung, weitere Techniken wie zum Beispiel
die Kernspintomographie werden kontrovers diskutiert.
1. Maymon R et al. Ectopic pregnancies in a Caesarean scar: review of the medical
approach to an iatrogenic complication. Hum Reprod Update, Nov-Dec 2004,10(6) p515–23
2. Bhide A et al. Recent advances in the management of placenta previa.
Curr Opin Obstet Gynecol, Dec 2004, 16(6) p447–51
3. Kayem G, et al. Conservative versus extirpative management in cases of placenta
accreta. Obstet Gynecol Sep2004, 104(3) p531–6