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DOI: 10.1055/s-2007-983640
Geburtseinleitung mit Misoprostol – Erfahrungen an einem Perinatalzentrum. Indikationen, Einleitungsverlauf, maternales und neonatales Outcome
Zielsetzung: Darstellung der Erfahrungen mit dem „off-label“-Einsatz von Misoprostol (Cytotec©) zur Geburtseinleitung über einen Zeitraum von 1,5 Jahren in einem Perinatalzentrum mit einem hohen Anteil von Hochrisikoschwangeren. Vorstellung eines erprobten Behandlungsregimes.
Material und Methoden: Datenerfassung und Auswertung bei 226 Geburtseinleitungen mit Misoprostol (Cytotec®) bei einem umschriebenen Patientenkollektiv in einem Perinatalzentrum von 08/2005 bis 12/2006. Untersucht wurden Einlingsschwangerschaften ab der 32+0 SSW hinsichtlich Einleitungsverlauf, Geburtsmodus, maternalem Outcome (Komplikationen wie Uterusruptur, Uterusatonie, Plazentalösungsstörungen, etc.) und neonatalem Outcome (fetal distress, Azidoserate, Asphyxierate, Verlegung in Kinderklinik). Es erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse innerhalb des Kollektives bei unterschiedlichen Dosierschemata (50µg/100µg vs. 50µg/50µg).
Ergebnisse: Der Einsatz von Misoprostol erfolgte in allen Fällen nach Aufklärung der Patientin über den „off-label“-Einsatz und schriftlicher Einwilligung. Die häufigsten Indikationen zur Geburtseinleitung waren der vorzeitige Blasensprung, die Terminüberschreitung, V.a. Plazentainsuffizienz, maternale Erschöpfung, Gestationsdiabetes sowie die SIH/Präeklampsie. Das Ziel der vaginalen Geburt wurde erreicht in 77% der begonnenen Einleitungen (Spontangeburt 68%, vaginal-operative Geburt 9%), bei 23% wurde die Einleitung abgebrochen und eine sekundäre Sectio caesarea indiziert. Als seltene, aber schwerwiegende maternale Komplikationen wurden beobachtet: Atonie Grad II-III mit oder ohne Plazentaretention, vorzeitige Plazentalösung sowie Schulterdystokie.
In einem Fall (0,44%) trat eine schwere Asphyxie kombiniert mit einem 5-Minuten APGAR <5 in Kombination mit einer schweren Azidose mit pH<7,00 auf, was einem kritischen fetalen Outcome i.S. der BQS-Definition entspricht. Ein Kind verstarb trotz durchgeführter Notsectio und umgehend eingeleiteter Reanimation durch die anwesenden Pädiater. Nach ICD-10-Kriterien lag bei 10,6% der Neugeborenen eine leichte bis mäßige Asphyxie und bei 2,7% eine schwere Asphyxie vor.
Schlussfolgerung: Der Einsatz von Misoprostol zur Geburtseinleitung wird seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Unter der Voraussetzung einer strengen Indikationsstellung der Einleitung und einer ergebnisoffenen Patientenaufklärung sowie der schriftlichen Dokumentation des „off-label“-Einsatzes scheint der Einsatz unter klinischen Bedingungen vertretbar.
Die Akzeptanz bei den Patientinnen ist durchweg hoch, eine Ablehnung erfolgt selten.
Das niedriger dosierte Therapieschema mit Dosen von 50µg mit einer Einschränkung bis 40+5 SSW zeigte im untersuchten Kollektiv gegenüber dem Schema mit einer Startdosis von 50µg und den Folgedosen von 100µg eine höhere vaginale Entbindungsrate innerhalb 24 Stunden bei einer geringeren Rate an schwerwiegenden maternalen und fetalen Komplikationen.