1. Fragestellung:
Etwa 10 Prozent der Frauen im reproduktionsfähigen Alter sind von frühzeitiger ovarieller
Alterung, einem Syndrom, das mit erhöhten FSH-Werten, reduzierter Eizellanzahl nach
in vitro Fertilitsation und geringerer Fertilität bei jungen Frauen assoziiert ist,
betroffen. Da die klinischen und laborchemischen Parameter der physiologischen Alterung
der Eierstöcke gleichen, liegt der Schluss nahe, dass die frühzeitige ovarielle Alterung
denselben pathophysiologischen Mechanismen wie die zeitgerechte Eierstockalterung,
wie reduzierter Follikelpool und erhöhte Aneuploidierate der Embryonen, unterliegt
und lediglich früher auftritt und rapider verläuft. Wäre das der Fall, müssten Frauen
mit frühzeitiger Eierstockalterung höhere, dem Alter ihrer Ovarien entsprechende Prozentsätze
chromosomal abnormer Embryonen aufweisen. Das Ziel der vorliegenden Studie war es
daher zu untersuchen, ob Patientinnen mit frühzeitiger ovarieller Alterung höhere
embryonale Aneuploidieraten aufweisen als gleichaltrige Frauen mit altersentsprechender
ovarieller Alterung.
2. Methodik:
Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden 20 Patientinnen mit frühzeitiger ovarieller
Alterung mit 20 altersgleichen Frauen bezüglich ihrer Prozentsätze chromosomal normaler
Embryonen, sowie nach Schwangerschafts- und Abortrate nach in vitro Fertilisationsbehandlung
und Präimplantationsdiagnostik verglichen.
3. Ergebnisse:
Die Schwangerschaftsraten in beiden Gruppen waren vergleichbar (43% vs. 47%). Von
258 Embryonen, die mittels Präimplantationsdiagnostik wurden, wiesen Patientinnen
mit frühzeitiger Eierstockalterung 52,6% chromosomal abnorme und Patientinnen mit
altersentsprechender ovarieller Alterung 52,2% aneuploide Embryonen auf. Aufgrund
höherer Abortraten (50% vs. 13%) zeigte sich jedoch ein Trend bezüglich niedriger
‘baby take home rates’ bei Frauen mit frühzeitiger ovarieller Alterung.
4. Schlussfolgerung:
Die fehlende Assoziation von frühzeitiger ovarieller Alterung und höherer embryonaler
Aneuploidierate lässt vermuten, dass die frühzeitige Eierstockseneszenz anderen pathophysiologischen
Mechanismen unterliegt als der physiologische ovarielle Alterungsprozess.