Aktuelle Ernährungsmedizin 2007; 32 - F3_8
DOI: 10.1055/s-2007-983383

Ernährungstherapie in der Geriatrie: Ein Beispiel für aktuelles Qualitätsmanagement

R Lenzen-Großimlinghaus 1, M Borchelt 1
  • 1Ev. Krankenhaus für Geriatrie Potsdam, Potsdam, Deutschland

Einleitung: Mangelernährung stellt ein zunehmendes Problem in der Krankenhausversorgung dar. Die aktuelle deutsche Malnutritionsstudie zeigte, dass insbesondere in der Geriatrie bis zu 55% der aufgenommenen Patienten als mangelernährt einzustufen sind. Dies hat Einfluss auf die Morbidität, die Mortalität und auf die Dauer der Krankenhausbehandlung. Daher ist eine gezielte Ernährungstherapie gerade bei geriatrischen Patienten notwendig.

Methoden: In einem bundesweiten Benchmark-Projekt (Gemidas-QM) wurden Strategien zur systematischen Erfassung des Ernährungszustandes bei Aufnahme und Entlassung entwickelt und in Beziehung gesetzt zu funktionellen, psychosozialen und epidemiologischen Daten. Hiervon ausgehend wurde im Ev. Kh für Geriatrie Potsdam ein Procedere festgelegt, wie Ernährungstherapie nach systematisch durchgeführtem Ernährungsassessment (modifizierter MNA) zu erfolgen hatte. Neben Essprotokollen und Bedarfsberechnungen für Energie und Eiweiß wurde systematisch das Gesamt-Eiweiß im Serum bestimmt und in Beziehung zu funktionellen Daten des geriatrischen Assessments gesetzt.

Ergebnisse: Von 1165 Patienten waren bei Aufnahme 669 (57%) nach dem Ernährungsassessment mangelernährt und wiesen einen Eiweißmangel im Serum (58,4±4,5/69,4±4,0g/l Nicht-Mangelernährte Pat.) auf. Die mangelernährte Gruppe zeigte ein höheres Alter (81,1±7,6 Jahre/79,3±7,8), einen geringeren Barthel-Index bei Aufnahme (BI A 34±20/44±22 Pkte) und einen niedrigeren MMSE (20,5±8,00/22,4±7,1 Pkte) als die nicht-mangelernährten Pat. Durch gezielte Ernährungstherapie, insbesondere durch eiweißreiche Kost (1,5g Eiweiß/kg/Tag), konnte bei 166 (24,8%) Pat. während des stationären Aufenthaltes (Ø 18 Tage) eine Normalisierung des Serum-Eiweiß erreicht werden. Der Barthel-Index stieg um 19 Pkte. bis zur Entlassung an. Die mangelernährten Pat. ohne Verbesserung des Gesamt-Eiweiß im Serum zeigten schlechtere funktionelle Werte bei Aufnahme und einen geringeren Anstieg im Barthel-Index während des stationären Aufenthaltes: BI A 32±20, BI Entl. 44±28 Pkte.

Schlussfolgerung: Systematisches Ernährungsassessment kann mangelernährte Pat. in der Geriatrie gezielt erfassen und einer individuellen Ernährungstherapie zuführen. Durch eiweißreiche Kost wird die funktionelle geriatrische Therapie effektiv unterstützt. Die Kürze des stationären Aufenthaltes bedingt eine nur mäßige Veränderung der Ernährungsparameter und erfordert daher eine konsequente Fortsetzung der Ernährungstherapie im ambulanten Bereich zur Sicherung der Selbständigkeit des geriatrischen Patienten.