Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P363
DOI: 10.1055/s-2007-983333

Aplasia cutis occipitalis congenita mit knöchernem Defekt und Enzephalozele bei einem Drilling der 26. Schwangerschaftswoche

K Böckenholt 1, T Pabst 1, C Mütze 1, O Mennicken 1, P Pakos 2, M Kellner 3, M Weiß 4, M Hoppenz 1
  • 1Klinik für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Kinderkrankenhaus Amsterdamer Str., Köln
  • 2Klinik für allgemeine Neurochirurgie, Klinikum der Universität zu Köln, Köln
  • 3Kinderradiologische Abteilung, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Kinderkrankenhaus Amsterdamer Str., Köln
  • 4Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße, Köln

Hintergrund: Die Aplasia cutis congenita (ACC) ist eine seltene Erkrankung der Hautentwicklung mit häufiger Lokalisation am Kopf. Die Inzidenz liegt bei 0,5–1/10.000 Neugeborenen. Neben einem isolierten Auftreten ist auch die Assoziation mit kongenitalen Fehlbildungen beschrieben. Es existieren verschiedene Theorien über die Ätiologie. Bei komplizierten Verläufen können schwere Blutungen oder Infektionen auftreten. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Fallbericht: Wir berichten über einen männlichen Drilling nicht konsanguiner Eltern. Geburt in der 26. SSW durch primäre Sectio wegen pathologischen Dopplers und fetaler Bradykardien: Geburtsgewicht 460g, APGAR 7/9/9, NspH 7,29. Die Plazenta zeigte Verkalkungen und Infarktareale bei Thrombophilie der Mutter mit Faktor II Mangel. Postpartal schweres RDS mit 27-tägiger SIMV-Beatmung. PDA-Verschluss mit Indomethacin. Radiologisch Zeichen der frühen chronischen Lungenkrankheit. Zweimalig septisches Krankheitsbild ohne Keimnachweis. Anlage eines Anus praeter wegen eines Mekoniumileus.

Postpartal fand sich okzipital eine Hautatrophie von 2,5×4cm Größe. Der ovale Defekt granulierte unter Behandlung mit sterilen Gazen. Nahfeldsonographisch zeigte sich ein knöcherner Defekt. Schädelsonographisch Nachweis einer Kleinhirnblutung, fehlendes Septum intraventriculare und Balkenhypoplasie. Am 77. Lebenstag kam es in der Peripherie des verschorften Areals der ACC zu einer leichten Vorwölbung von erosivem Gewebe. Bei rascher Zunahme des Befundes über wenige Tage zeigten sich polypenartige Vorwölbungen über den gesamten Randbereich der ACC. Die einsetzende Liquorrhoe (ß2-Transferrin Nachweis) veranlasste ein MRT des Schädels und bestätigte eine Enzephalozele mit Liquorfistel durch einen breiten okziptalen Mittelliniendefekt. Dieser betraf Haut, Periost und Schädelknochen sowie Anteile der Dura mater. Neurochirurgisch wurden bei einem Gewicht von 1170g eine parieto-temporale, okzipitale Kraniektomie mit Excision des narbig veränderten Duragewebes sowie eine Resektion des infarzierten Hirngewebes durchgeführt. Nach Rekonstruktion der Hirnhäute erfolgte die Deckung mittels Dura- und Hautplastik. Der beschriebene Befund wird nach der Frieden's Klassifikation in die ACC der Gruppe I eingeteilt. Schlussfolgerung: Bei der ACC mit knöchernem Defekt ist die Gefahr der Entwicklung einer Enzephalozele im Rahmen des Hirnwachstums zu beachten und eine frühe neurochirurgische Deckung in Betracht zu ziehen. In unserem Fall musste ein erhöhtes operatives Risiko aufgrund der extremen Frühgeburtlichkeit bei einem frühen neurochirurgischen Eingriff gegen das Risiko dieser Komplikation abgewogen werden. Eine frühere operative Therapie hätte möglicherweise die Entwicklung von Hirnnekrosen verhindern und die neurologische Prognose verbessern können. Der Zeitpunkt zur Operation sollte regelmäßig überprüft werden. Eine Schnittbildgebung könnte bei der Abwägung des Procedere hilfreich sein.