Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P360
DOI: 10.1055/s-2007-983330

Enterovirusenzephalitis mit Porenzephalie bei einem Frühgeborenen und jungen Säugling

F Schmidt 1, M Emeis 1, E Mildenberger 1, T Kühn 1, M Reuter 2, C Hertzberg 3, R Rossi 1
  • 1Klinik für Kinder und Jugendmedizin, Klinikum Neukölln, Berlin
  • 2Institut für Radiologie und Interventionelle Therapie, Klinikum Neukölln, Berlin
  • 3Diagnose- und Behandlungszentrum (DBZ) für Entwicklung und Neurologie des Kindes- und Jugendalters, Klinikum Neukölln, Berlin

Hintergrund: Infektionen durch Enteroviren sind im Kindesalter häufig. In den meisten Fällen verlaufen sie klinisch stumm oder gehen mit unspezifischen Symptomen einher. Bei Neugeborenen und jungen Säuglingen hingegen können Enterovirusinfektionen zu besonders schweren Verläufen führen. Wir beschreiben zwei Patienten bei denen sich im Rahmen einer Enterovirusenzephalitis eine Porenzephalie entwickelte. Fallbericht: Bei dem 1. Patienten handelt es sich um ein eutrophes Frühgeborenes (31+6 SSW, GG 1790g, APGAR 5/6/8, NapH 7,34). Die Entbindung erfolgte auf Grund anhaltender Ileussymptomatik der Mutter. Bei anfänglich unkompliziertem Verlauf zeigte der Patient am 26. Lebenstag plötzlich Zeichen einer Enzephalitis. Die Untersuchungen erbrachten den Nachweis von Enteroviren im Liquor und Stuhl ohne laborchemischen Anhalt einer Infektion. Ein im Alter von 6 Lebenswochen angefertigtes MRT zeigte bei klinisch und neurologisch unauffälligem Status eine bihemisphärische Porenzephalie. Eine umfangreiche Stoffwechseldiagnostik war unauffällig. Bei dem 2. Patienten handelt es sich um ein ehemals eutrophes Frühgeborenes (34+4 SSW, 2440g, APGAR 10/10/10, NapH 7,36) mit postnatal unauffälligem Verlauf. Im Alter von 5 Monaten Einweisung bei Gastroenteritis mit Dehydration. Während des stationären Aufenthaltes plötzlich Enzephalitiszeichen mit Nachweis von Enteroviren im Stuhl und Liquor. Als klinische Symptomatik persistierte im weiteren Verlauf eine Muskelhypotonie mit fehlender Blickkontaktaufnahme. Ein MRT im Alter von 12 Monaten zeigte bei zunehmender Entwicklungsverzögerung eine Porenzephalie. Eine durchgeführte Stoffwechseldiagnostik war unauffällig. Diskussion: Infektionen mit Enteroviren können insbesondere während der Perinatalzeit fulminant Verlaufen, wobei die Krankheitsverläufe dabei von Infektionen einzelner Organsysteme bis hin zum klinischen Vollbild einer Sepsis reichen können. Im Säuglings- und Kleinkindesalter hingegen verlaufen die Infektionen häufig klinisch stumm oder gehen mit unspezifischen Krankheitssymptomen einher. Obwohl Enterovirusenzephalitiden u.a. mit Schäden der weißen Substanz und Entwicklungsverzögerung einhergehen können, fanden wir im Rahmen unserer Literaturrecherche keinen Fall von Porenzephalie als Folge einer Enterovirusmeningoenzephalitis.

Schlussfolgerung: Enterovirusenzephalitiden können neben bereits beschriebenen Schäden der weißen Substanz zur Ausbildung einer schweren Porenzephalie mit erheblichen cerebralen Folgeschäden führen.