Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P344
DOI: 10.1055/s-2007-983314

Mosaik-Trisomie 14 mit kaudalem Regressionssyndrom – Ein Fallbericht, neue klinische Aspekte und Bedeutung der pränatalen Beratung

V Löb 1, H Hammer 1, R Placzek 2, R Wauer 1, M Cremer 1
  • 1Klinik für Neonatologie, Campus Mitte, Charité – Universtitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 2Klinik für Orthopädie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Fallbericht: Wir berichten über ein weibliches, reif geborenes Neugeborenes mit einer chromosomalen Aberration, der Trisomie 14 als Mosaik. Die durch Amniozentese gestellte Diagnose führte wahrscheinlich auf Grund eines eingeschränkten Sprachverständnisses bei aus Russland stammenden jungen Mutter (I-Para, I-Gravida) zum Austragen der Schwangerschaft. Erst im letzten Trimenon stellte sich die Mutter bei einer DEGUM-3 zertifizierten Pränataldiagnostik vor. Ein Vitium cordis konnte pränatal ausgeschlossen werden, es zeigte sich eine unilaterale multizystische Nierendegeneration. Das Neugeborene zeigte eine ausgeprägte Gesichtsdysmorphie mit prominenter Stirn, Retrognathie, tiefsitzenden dysplastischen Ohren, hohem Gaumen und kleinen, engstehenden Augen. Einseitig zeigte sich ein Iriskolobom ohne weitere Spaltbildung im hinteren Augenabschnitt. Postnatal wurde zusätzlich die Diagnose eines kaudalen Regressionssyndroms mit einseitiger Hüftluxation rechts mit entsprechender Verkürzung des Beines gestellt. Der rechte Fuß befand sich in Sichelfußstellung. In der Röntgenaufnahme der unteren Extremität konnten die verkürzten Röhrenknochen sowie die luxierte rechte Hüfte dargestellt werden. Der Anus war nach ventral verlagert, so dass nur eine schmale perineale Hautbrücke zwischen Anus und Vagina bestand. Dies stellt eine minimal Form einer Kloakenfehlbildung dar. Die wegen der Hüftluxation durchgeführte MRT-Untersuchung zeigte eine hochgradig dysplastische Fossa acetabuli, so dass auch die geschlossene Reposition des Femurs und anschließende Fixierung mittels Fettweissgipses nicht zum Erfolg führte. Die multizystische Niere verursachte in der neonatalen Periode keine weiteren Probleme, es bestand kein vesikoureteraler Reflux. Diskussion: Diese Ausprägung einer Mosaik-Trisomie 14 mit kaudalem Regressionssyndrom ist in der Literatur nicht beschrieben. Bisher sind nur sehr wenige Fälle von Neugeborenen mit einer Trisomie 14 veröffentlicht. Kinder mit einer kompletten Trisomie 14 sind nicht lebensfähig und oft kommt es auch bei der Mosaikform während der Schwangerschaft zum Abort. Die Merkmale von Kindern mit dieser numerischen Aberration sind von großer Variabilität und erfahrungsgemäß abhängig von dem Prozentsatz an trisomen Zellen. Bei diesem Patienten wird zum einen die zu erwartende schwere mentale Retardierung und zum anderen das kaudale Regressionssyndrom die Prognose prägen. Möglicherweise hätte eine intensivere pränatale Beratung der jungen Eltern und bessere Einschätzung des breiten Spektrums dieser Erkrankung zu einer vorzeitigen Schwangerschaftsbeendigung geführt.