RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2007-983298
Lebensgefährliche Ecstasy-Ingestion bei einem Säugling
Hintergrund: Drogenkonsum und dessen Folgen stellen ein zunehmend häufiger auftretendes Problem auch in der Kinder- und Jugendmedizin dar. Dabei spielen so genannte Partydrogen wie Ecstasy (3,4-Methylenedioxymetamphetamine, MDMA) eine beachtliche Rolle. Der Konsum dieser Drogen erfolgt zunehmend auch in häuslicher Umgebung und ist für Kinder im Falle einer akzidentellen Ingestion eine lebensbedrohlich. MDMA agiert als indirektes Symphatomometikum und erhöht den Serotoninspiegel. Dieses führt zu gesteigerter motorischer Aktivität bis hin zu komplizierten Krampfanfällen mit Todesfolge. Nur wenige Fälle zu Ecstasy Vergiftungen im Säuglingsalter sind bekannt (1;2). Patient: Wir berichten über einen 8-Monate alten männlichen Säugling (9,3kg, Körperlänge 67cm, KOF 0,42m2) miit Ingestion einer ganzen Ecstasy-Tablette. 20 Minuten nach Einnahme zeigte sich eine deutlich gesteigerte motorische Aktivität, unterbrochen von Phasen völliger Muskelhypotonie sowie selbstlimitierenden Krampfäquivalenten. Desweiteren Mydriasis mit verzögerter direkter und indirekter Lichtreaktion. Körpertemperatur von 38,9°C rektal, starkes Schwitzen, Herzfrequenz 210/mim, Blutdruck 125/70mmHg. Pathologisch erhöht war die CK mit 1140 U.l-1 (maximaler CK-Anstieg auf 1681 U.l-1 innerhalb 6h). Während der ersten 48 Stunden erfolgten mehrfache toxikologische Spiegelbestimmungen zur Frage der Eliminationskinetik von MDMA im Kindesalter. Der erste Serumspiegel zeigte einen für Erwachsene letalen Wert von 820ng/ml. Therapie: Unmittelbar nach Aufnahme erfolgte die Sedierung mit Diazepam (10mg rektal) sowie eine forcierte Rehydratation und antipyretische Therapie mit Paracetamol und physikalischer Kühlung. Bereits 8 Stunden nach Aufnahme bestand ein neurologisch altersentsprechender Normalbefund. Die erhöhten CK-Werte normalisierten sich innerhalb von 48 Std. und der Patient konnte nach insgesamt 3 Tagen ohne Residuen entlassen werden. Nachsorgeuntersuchungen verliefen ohne krankhaften Befund.
Diskussion: Der Fallbericht zeigt, dass mit zunehmender Verbreitung von Partydrogen auch bei Säuglingen eine Amphetaminintoxikation nach Auftreten von Fieber, Krampfanfällen und gesteigerter motorischer Aktivität differenzialdiagnostisch erwogen werden muss. Die vermutete Ingestion einer Ecstasypille führte im Drogenscreening rasch zur Diagnosefindung. Antikonvulsive Massnahmen mit Benzodiazepinen, Volumenersatz und Temperatursenkung sind unverzüglich zu beginnen. Engmaschiges Monitoring ist erforderlich, da in Einzelfällen eine Rhabdomyolyse beschrieben wurde (2). Bemerkenswert ist, dass trotz höchster Serumspiegel die in der Literatur beschrieben Intoxikationen bei Säuglingen und Kleinkindern ohne Folgeschäden blieben.
Literatur:
(1) Duffy MR, Swart M. Severe Ecstasy poisoning in a toddler. Anaesthesia 2006; 61(5):498–501.
(2) van Rijswijk CW, Kneyber MC, Plotz FB. Accidental ecstasy intoxication in an 8-month-old infant. Intensive Care Med 2006; 32(4):632–633.