Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P186
DOI: 10.1055/s-2007-983257

Morbus Gaucher Typ II – eine seltene Differenzialdiagnose der lamellären Hautschuppung beim Neugeborenen

S Köster 1, R Odendahl 1, P Ahrens 1, M Beck 2, K Tsiakas 3, E Herting 1, W Göpel 1
  • 1Kinderklinik, Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Lübeck
  • 2Kinderklinik, Klinikum der Johannes-Gutenberg Universität, Mainz
  • 3Univ.-Kinderklinik Eppendorf, Hamburg

Übersicht: Beim akuten neuronopathischen Morbus Gaucher liegt bereits intrauterin ein Mangel des Enzyms ß-Glucozerebrosidase vor. Neben den bekannteren Symptomen wie Hepatosplenomegalie und Thrombozytopenie sowie der fortschreitenden neurologischen Verschlechterung liegt bei allen Kindern eine klinisch variabel ausgeprägte Hyperkeratose der Haut durch Zerstörung der laminaren Struktur des Stratum corneum vor. Auch makroskopisch nicht von Hautläsionen betroffene Patienten weisen ultrastrukturelle Veränderungen der Haut auf. Wir präsentieren einen photodokumentierten Fall, bei dem die Leitsymptome lamelläre Hautschuppung, Thrombozytopenie und Hepatosplenomegalie zur frühen Verdachtsdiagnose eines Morbus Gaucher Typ II führten. Fallbeschreibung: Aufnahmesituation: Die Patientin wurde mit 36+2 SSW nach vorzeitigen Wehen aus grünem Fruchtwasser geboren. Geburtsgewicht 2210g, Länge 42cm, KU 43cm, APGAR 7/8/9.

Bei der Erstuntersuchung fielen eine trockene, cellophanartige Hautkonsistenz mit großlamellären Abschuppungen, einzelne Petechien sowie ein durch eine Hepatosplenomegalie bedingte Auftreibung des Abdomens auf. Im ersten Blutbild sahen wir eine Thrombopenie von 12/nl, weshalb die Gabe eines Thrombozytenkonzentrates erfolgte. Diagnostik und Diagnosestellung: Nach Stellung der Verdachtsdiagnose erfolgte eine enzymatische Analyse in Leukozyten, welche eine erniedrigte Aktivität der ß-Glukozerebrosidase auf 0,8 nmol/mg/h (Norm 4,8–8,9 nmol/mg/h) bei deutlich erhöhter Aktivität der Chitotriosidase auf 5493 mU/ml (Norm <100 mU/ml) zeigte. Weiterer Verlauf: Durch die frühzeitige Stellung der Diagnose konnte eine humangenetische Beratung durchgeführt werden, nach ausführlichen Beratungen in der Stoffwechselambulanz und bei klinisch schnell voranschreitendem neurologischen Verfall mit Apnoen, cerebralen Krampfanfällen und rezidivierenden Aspirationsereignissen wurde sowohl auf eine mögliche Enzymersatztherapie wie auch den Versuch einer partiellen Substratreduktion mittels Miglustat verzichtet. Die Patientin verstarb im Alter von 2 ½ Monaten an einer respiratorischen Globalinsuffizienz. Schlussfolgerung: Der Morbus Gaucher Typ II ist eine seltene Ursache einer lamellären Hautschuppung beim Neugeborenen. In der Literatur sind über 15 Fälle der Erkrankung, einhergehend mit cellophanartiger, schuppender oder erythrosquamöser Haut, beschrieben. Die Assoziation von Hepatosplenomegalie und entsprechenden Hauterscheinungen sollte an die Diagnose denken lassen, um evtl. eine frühzeitige symptomatische palliative Therapie der Organomegalie sowie eine genetische Beratung der Eltern zu ermöglichen. Der infauste Verlauf der Erkrankung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu beeinflussen.