Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P142
DOI: 10.1055/s-2007-983213

Pulsoxymetrie-Screening bei reifen, gesunden Neugeborenen: Ergebnisse und Erfahrungen nach einem Jahr mit standardisiertem Vorgehen

OJ Götz 1, J Franke 1, H Müller 1
  • 1Klinikum Kempten – Oberallgäu GmbH Kinderklinik, Kempten

Einleitung: Das frühzeitige Erkennen von lebensbedrohlichen Störungen bei primär gesunden, reifen Neugeborenen wird angesichts immer kürzerer Verweildauern von Mutter und Kind postnatal erschwert. Neben einer, auch wiederholten, gründlichen klinischen Untersuchung hat sich die Bestimmung der Sauerstoffsättigung mittels Pulsoximetrie als Verfahren zur Erkennung zyanotischer Herzfehler bewährt. Eine multizentrische Schweizer Studie fand hierfür eine Sensitivität von 100%, eine Spezifität von 99% bei einem positiven Vorhersagewert von 63%. Wir führen in unserem Haus seit Januar 2006 bei allen auf der Wochenbettstation betreuten Neugeborenen eine Messung der Sauerstoffsättigung nach standardisiertem Schema durch und berichten über die in einem Jahr gesammelten Ergebnisse und Erfahrungen. Methodik: Es wird zwischen der 6. und 16. Lebensstunde der Neugeborenen die Sauerstoffsättigung punktuell durch die Pflegekräfte mit dem Pulsoxymeter Nellcor N-595 bestimmt. Das weitere Vorgehen erfolgt in Abhängigkeit vom gemessenen Wert: Werte größer/gleich 95% gelten als normal, Kinder mit Werten zwischen 90% und 94% werden umgehend dem Kinderarzt vorgestellt und nachkontrolliert, bei Werten unter 90% wird das Neugeborene umgehend einer erweiterten Diagnostik zugeführt. Ergebnisse: Von 1390 lebend geborenen Kindern wurden 1087 (78%) auf der Wochenbettstation betreut. Bei 1075 Neugeborenen wurde die Sauerstoffsättigung gemessen. Bei 14 Kindern (1,3%) fanden wir kontrollbedürftige Werte, bei 4 Kindern (0,4%) pathologische Werte. Ein Patient hatte im Rahmen einer Anpassungsstörung eine persistierende fetale Zirkulation entwickelt, ein zweiter Patient wurde herzgesund aufgrund einer konnatalen Infektion behandelt und bei zwei Patienten fanden wir vorher nicht bekannte zyanotische Vitien: Eine Fallot'sche Tetralogie und eine totale Lungenvenenfehleinmündung. Alle vier Patienten wurden durch die frühzeitige Diagnosestellung in noch gutem klinischem Zustand einer entsprechenden Überwachung und Therapie zugeführt. Erfahrungen: Durch die umfassende Schulung von Pflegekräften und Hebammen, die Anschaffung eines Pulsoxymeters mit Artefakterkennung, das Erstellen eines eindeutigen Ablaufschemas und die schriftliche Aufklärung der Eltern war die Akzeptanz des Verfahrens bei allen Beteiligten überraschend schnell gegeben und hoch. Die Zahl der notwendigen Kontrollmessungen ist minimal. Die laufenden Kosten sind gering, der Zeitaufwand pro Kind liegt bei unter drei Minuten. Schlussfolgerung: Die Messung der Sauerstoffsättigung bei primär gesunden, reifen Neugeborenen nach standardisiertem Vorgehen hat sich als zusätzliches Verfahren in der Beurteilung der Kinder bewährt. Kennen alle Beteiligten die Grenzen des Verfahrens, ist das Pox-Screening ein positiver Baustein in den Bemühungen, größtmögliche Sicherheit für Neugeborene zu erreichen. Der Benefit dürfte umso größer sein, je geringer die neonatologische Präsenz in einer geburtshilflichen Abteilung ist.