Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - P125
DOI: 10.1055/s-2007-983196

Adiponecrosis subcutanea neonatorum mit Muskelnekrose: ein Fallbericht

C Peiser 1, M Berns 1, A Ebert 2, P Degenhardt 3, K Hauptmann 4, H Mau 3, M Obladen 1
  • 1Klinik für Neonatologie, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin
  • 2Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Vivantes Humboldt-Klinikum, Berlin
  • 3Klinik für Kinderchirurgie, Charité Campus Virchow-Klinikum, Berlin
  • 4Institut für Pathologie, Charité Campus Mitte, Berlin

Eine Adiponecrosis subcutanea neonatorum ist heute ein seltenes Ereignis. Definitionsgemäß handelt es sich um eine Nekrose des subkutanen Fettgewebes bei Neugeborenen an Körperstellen, die besonderem Druck ausgesetzt sind, wobei die Ursache bereits in der Pränatalperiode liegen kann; oftmals aber ist die Pathogenese unbekannt. Schwangerschaft und Geburt: Mutter 27-jährige Erstgebärende, unkomplizierter Schwangerschaftsverlauf, pränatale Sonographien unauffällig. Spontangeburt eines Jungen aus regelrechter Schädellage nach 37+2 SSW. Schulterdystokie. Nabelarterien-pH 7,22, Apgar 9/10/10. Geburtsgewicht 4220g (>97. Perzentile), Länge 52cm (90.-97 Perzentile), Kopfumfang 36cm (90.-97. Perzentile). Postnatalbefund: Unmittelbar postnatal fielen eine Erb'sche und Klumpke'sche Parese sowie ein Weichteildefekt in der Regio antebrachii posterior mit Schwellung des rechten Armes auf. Das Kind wurde sofort von der Geburtsklinik in die Neonatologie verlegt. Therapie und Verlauf: Zunächst Lagerungsbehandlung des rechten Armes und Physiotherapie. Wundversorgung mit Rivanol-Verbänden. Initial Analgesie mit Morphin und Antibiotkagabe (Cefotaxim und Piperaciliin). Zunehmende Demarkierung einer Nekrose von 3,5cm Durchmesser. Am 15. Lebenstag erstmalig operatives Wunddébridement unter antibiotischer Prophylaxe mit Clindamycin. Der intraoperative Befund zeigte eine ausgeprägte Nekrose nicht nur der Haut und des subkutanen Fettgewebes, sondern auch eine Teilnekrose von M. palmaris longus und M. flexor carpi ulnaris. Histologisch stellten sich morphologische Veränderungen dar, die mit einer Nekrose im Rahmen einer arteriellen Thrombose vereinbar sind. Die daraufhin durchgeführte Thrombophiliediagnostik ergab eine milde Disposition im Sinne einer homozygoten Plasminogenaktivator- und einer heterozygoten Faktor V – Mutation. Im weiteren Verlauf erfolgten regelmäßige Wunddébridements in Narkose; die Wunddeckung wurde mit Epigard gemacht. Nach 6-wöchigem stationären Aufenthalt bestanden weiterhin die Erb'sche und Klumpke'sche Parese. Ambulant bekam das Kind weiterhin Physiotherapie und zusätzlich Ergotherapie; zur Nacht wurde der Arm durch eine Lagerungsschiene stabilisiert. Bislang konnte das Funktionsspektrum des rechten Armes verbessert werden, jedoch wird der Arm vorwiegend in Extensions- und die Hand in Flexionsstellung gehalten. Beurteilung: Eine Adiponecrosis subcutanea neonatorum heilt in den meisten Fällen spontan aus. Der hier berichtete Fall war deutlich komplizierter, weil bei dem Neugeborenen nicht nur das subkutane Fettgewebe, sondern auch darunter gelegene Muskulatur nekrotisch war. Deshalb konnte es auch nicht zu einer restitutio ad integrum kommen. Die in der Literatur beschriebene Assoziation der Adiponecrosis subcutanea neonatorum mit einer Hyperkalzämie und allen damit verbundenen Komplikationen lag bei unserem Patienten nicht vor.