Z Geburtshilfe Neonatol 2007; 211 - PV5
DOI: 10.1055/s-2007-983157

Lärmexposition des Frühgeborenen im Inkubator auf der neonatologischen Intensivstation

R Thoma 1, C Fischer 1
  • 1Universitäts-Kinderklinik im Luitpold-Krankenhaus, Würzburg

Fragestellung: Lärm ab 60 dB(A) (entspricht einem Gespräch) gilt als einer der häufigsten Stressauslöser und ist eine große Umweltbelastung für ein frühgeborenes Kind. Ein Frühgeborenes kann ab der 16 Schwangerschaftswoche Geräusche wahrnehmen. Auf einer neonatologischen Intensivstation ist das Frühgeborene vielen Lärmquellen unterschiedlichster Art ausgesetzt. In dieser Untersuchung wurde ermittelt, welche Lautstärke im Inkubator für ein Frühgeborenes während verschiedener Situationen im Tagesverlauf entsteht und in wie weit der Inkubator Geräusche dämpft oder verstärkt. Dabei wurden sowohl Durchschnitts- als auch Spitzenschallpegel gemessen. Methodik: In einem Inkubator der Fa. Dräger (Typ 8000IC) wurde mittels eines Schallmessgerätes (Schallpegelmesser 2260 von Fa. Brüel & Kjaer) die Geräuschentwicklung von verschiedene Beatmungsgeräten und -formen sowie von pflegerischen Handlungen gemessen. Außerdem wurde eine 24- Stunden Messung in einem Frühgeborenenzimmer durchgeführt und die Ereignisse in einem Protokoll dokumentiert. Ergebnisse: Der Inkubator hat ein Betriebsgeräusch von 52 dB(A). Pflegerische Handlungen wie z.B. das Absaugen führen zu einer Erhöhung des Lärms auf 60 dB(A). Dabei ist zu bedenken, dass Menschen eine Erhöhung des Lärms um 3 dB(A) als doppelt so Laut empfinden. Wird ein Kind mit dem Babylog 8000 (Dräger) konventionell beatmet entsteht ein Geräusch von 55 dB(A). Durch eine Umstellung auf eine Hochfrequenz Oszillation (SensorMedics3100A) kommt es zu Spitzenpegeln bis 85 dB(A). Dies entspricht einem vorbeifahrenden LKW. Zu extrem hohen Pegeln (74–116 dB(A) entspricht dem Geräusch eines Bohrhammers) kam es beim Abstellen eines Gegenstandes auf dem Inkubator oder dem Klopfen gegen den Inkubator. Wir stellten außerdem fest, dass ein eingeschaltetes Radio im Patientenzimmer den Geräuschpegel um bis zu 5 dB(A) anhebt. Schlussfolgerungen: Im normalen Ablauf auf einer Neonatologischen Intensivstation kommt es auch ohne Notfallsituation oder Reanimation zu einer erheblichen Lärmbelastung für die frühgeborenen Patienten. Durch einfache Maßnahmen wie ruhiges, überlegtes Arbeiten ohne Hintergrundmusik oder Vermeiden des Abstellens von Gegenständen auf dem Inkubator kann ein Frühgeborenes vor hohen Spitzenpegeln geschützt werden. Durch unsere Untersuchung kann das Konzept des „Optimal Handlings“ für Frühgeborene hinsichtlich der Lärmentstehung und -vermeidung objektiviert werden.