Hintergrund: Eine mehrtägige Analgosedierung im postoperativen Verlauf nach herzchirurgischen
Operationen ist bei komplexen Vitien selten, manchmal aber zur Gewährleistung der
hämodynamischen Stabilität erforderlich. Bei Reduktion der Analgosedierung kann es
zu Entzugssymptomen wie Hypertension, Tachykardie, Unruhe, Fieber und Nahrungsunverträglichkeit
kommen. Clonidin, ein selektiver a-2 Adrenorezeptor-Agonist, besitzt antihypertensive,
analgetische und sedative Eigenschaften. Es findet in der Pädiatrie Anwendung bei
der Prämedikation, Regionalanästhesie und postoperativen Analgesie. Über die Behandlung
von Entzugssymptomen mit kontinuierlicher Gabe von intravenösem Clonidin ist bei Säuglingen
und Kleinkindern bisher wenig bekannt.
Fragestellung: Ist die intravenöse Dauerzufuhr von Clonidin bei 0–24 Monate alten Kindern, die nach
herzchirurgischer Operation eine mehrtägige Analgosedierung benötigen, sicher und
geeignet die nachfolgenden Entzugssymptome zu behandeln? Patienten und Methodik: Zwischen 01/2003 und 12/2005 wurden am Deutschen Herzzentrum Berlin 540 herzchirurgische
Eingriffe bei Kindern im Alter von 0–24 Monaten durchgeführt. 50 (9%) erhielten postoperative
eine mehrtägige Analgosedierung (Midazolam und Fentanyl) und wurden wegen Entzugssymptomatik
mit Clonidin in einer Dosierung von 0,1–0,3µg/kg/min behandelt. Die Krankenakten dieser
Patienten wurden bezüglich Diagnose, Operation, post-operativem Verlauf und Analgosedierung
ausgewertet. Vor und an den Tagen der Behandlung mit Clonidin wurden Mittelwerte von
Herzfrequenz, mittlerem arteriellen Blutdruck, Körpertemperatur, Nahrungszufuhr sowie
des Bedarfs an Analgetika und Sedativa erhoben. Diese Werte wurden unter Verwendung
des nicht- parametrischen Wilcoxon Tests mit den Werten 2–4 Stunden vor Beginn der
Therapie verglichen. Minimale Herzfrequenz und Herzrhythmus während der gesamten Zeit
der Clonidin-Therapie wurden dokumentiert.
Ergebnisse und Diskussion: Bei 50 (32m und 18 w) Kindern mit einem durchschnittlichen Alter von 6,2 (±4,5) Monaten
wurde 5,3 (±4,3) Tage nach kardiochirurgischem Eingriff wegen Entzugssymptomen mit
intravenösem Clonidin begonnen und für 3,7 (±3,3) Tage behandelt. Clonidin verursachte
eine signifikante Abnahme (Normalisierung) von entzugsbedingt erhöhtem Blutdruck,
Herzfrequenz und Körpertemperatur. Unter Clonidin-Gabe konnten Midazolam, Fentanyl
und andere Opioide signifikant reduziert werden, die Therapie mit nicht-opioiden Schmerzmitteln
war nicht beeinflusst. Die Nahrungszufuhr stieg signifikant an. Es gab kein Neuauftreten
von Herzrhythmusstörungen, insbesondere keine AV-Blockierungen, welche als Nebenwirkung
von Clonidin beschrieben sind. Schlussfolgerung: Die intravenöse Gabe von Clonidin bei 0–24 Monate alten Kindern nach herzchirurgischem
Eingriff lindert die Symptome des Entzugs, ermöglicht die rasche Reduktion der Analgosedierung
und zeigt keine negative hämodynamische Beeinflussung.