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DOI: 10.1055/s-2007-982852
EHEC-Ausbruch mit 59 Fällen nach Rohmilchverzehr im Ferienlager
Hintergrund: Nach einem auswärtigen Ferienlager im August 2006 mit 120 Teilnehmern aus dem Landkreis Vechta im Alter von 6 bis 13 Jahren incl. erwachsenen Betreuern erkrankte ein 11-jähriges Mädchen an einem Hämolytisch-Urämischen-Syndrom (HUS). Daraufhin ermittelte das zuständige Gesundheitsamt, dass im Ferienlager Rohmilch aus einem landwirtschaftlichen Betrieb verzehrt worden war und dass dort Gastroenteritiden bei mehr als der Hälfte der Teilnehmer aufgetreten waren.
Methodik: Bei einer unverzüglich einberufenen Informationsveranstaltung bat das Gesundheitsamt Vechta alle Teilnehmer des Ferienlagers, Stuhlproben für eine mikrobiologische Diagnostik einzusenden sowie einen Fragebogen zu Symptomen und möglichen Risikofaktoren auszufüllen. Die Auswertung erfolgte als retrospektive Kohortenstudie. Die Behörden des Landkreises, in dem das Ferienlager stattgefunden hatte, wurden informiert und veranlassten die Untersuchung von Milchproben sowie von Kotproben der Rinder des Milcherzeugers.
Ergebnisse: In den Stuhleinsendungen von 114 Teilnehmern konnte viermal EHEC mittels PCR nachgewiesen werden, dreimal wurde EHEC O80:H- isoliert. In der Stuhlprobe des HUS-Falles wurde EHEC O145 nachgewiesen. Von 105 Teilnehmern, die auch den Fragebogen aufgefüllt hatten, erfüllten 59 die RKI-Surveillance-Falldefinition als labordiagnostisch- oder epidemiologisch-bestätigter EHEC-Fall. In der Auswertung wurde die stärkste Assoziation der Erkrankung mit dem Rohmilchverzehr zwei Tage vor Beginn des Ausbruchs festgestellt (OR>12, p<0,001). Alle Fälle hatten an diesem Tag Rohmilch getrunken. Mit keinem anderen Lebensmittel oder Risikofaktor ergab sich eine signifikante Assoziation. Die veterinärmedizinischen Untersuchungen der Milch- und Kotproben erbrachten keine EHEC-Nachweise.
Schlussfolgerungen: Der Rohmilchverzehr kann aufgrund der epidemiologischen Ergebnisse mit hoher Sicherheit als Infektionsquelle angesehen werden. Bei der Bewertung der negativen Befunde der Milch- und Kotuntersuchungen ist einerseits der zeitliche Verzug der Untersuchungen zu berücksichtigen, andererseits die biologisch begründeten grundsätzlichen Schwierigkeiten reproduzierbarer EHEC-Nachweise bei Rindern. Dennoch schloss das für den Ort des Ferienlagers zuständige Veterinäramt gegenüber den Medien Rohmilch als Infektionsquelle kategorisch aus, woraufhin der Milcherzeuger dem Gesundheitsamt des Landkreises Vechta juristische Schritte wegen angeblicher Rufschädigung androhte. Der Ausgang ist offen.