Gesundheitswesen 2007; 69 - P2
DOI: 10.1055/s-2007-982843

Was ist ein Gemeindepsychiatrischer Verbund?

M Albers 1
  • 1Kreisverwaltung Mettmann, Gesundheitsamt, Mettmann

Der Begriff „Gemeindepsychiatrischer Verbund“ (GPV) taucht erstmals in den „Empfehlungen der Expertenkommission“ 1988 auf. Damals war damit die organisatorische Zusammenfassung von Kontakt- und Beratungsstelle, Tagesstätte und ambulant-aufsuchendem Dienst gemeint. Inzwischen wird jedoch unter GPV der rechtsfähige Zusammenschluss aller Träger der psychiatrischen Versorgung mit der regionalen Versorgungsverpflichtung für alle psychisch kranken Bürger der Region verstanden. Der GPV benötigt mindestens ein Gremium, in dem Kooperationsfragen zwischen den Trägern geklärt werden (Lenkungsausschuss, Steuerungsgruppe) sowie eines, in dem über die Hilfen in den jeweiligen Einzelfällen entschieden wird, die Hilfeplankonferenz.

Die zentralen Prinzipien sind:

  • Jeder Klient soll, gleich an welchen Teil des Hilfesystems er sich zuerst gewendet hat, ungehinderten Zugang zu allen für ihn erforderlichen Hilfen haben.

  • Gemeinsame Verantwortung für die bedarfsgerechte Versorgung aller Hilfesuchenden einer Region heißt, dass zu jedem der Hilfeplankonferenz vorgelegtem Hilfeplan in der gleichen Sitzung eine Entscheidungsempfehlung verabschiedet wird, unter Festlegung von Fallzuständigkeit und Durchführungsverantwortung.

Bisher gibt es kaum GPVs, die eine eigene Rechtsform haben. Auch unterhalb dieses äußersten Verbindlichkeitsgrades erlauben Kooperationsvereinbarungen, intensive Kommunikation, gemeinsame Methoden der personenzentrierten Hilfeplanung und nicht zuletzt eine vertrauensvolle Kooperationskultur eine bedarfsgerechte Versorgung.

In der praktischen Arbeit steht im Mittelpunkt der Aktivitäten der GPVs die Bereitstellung von Hilfen in den Bereichen Sozialpsychiatrische Grundversorgung, Selbstversorgung/Wohnen und Tagesgestaltung/Kontakte sowie deren Vernetzung. Gegenüber diesen unmittelbar existenzsichernden Maßnahmen treten Fragen der beruflichen Integration (Bereich Arbeit/Ausbildung) oft noch zurück. Dessen ungeachtet ermöglicht ein auf personenzentrierter Hilfeplanung aufgebauter GPV einrichtungs- und kostenträgerübergreifende Behandlungs- und Rehabilitationsprozesse. Die in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen immer wieder formulierte Anforderung, möglichst nur einen Parameter zur Zeit zu verändern und die oftmals biographisch prägenden Erfahrungen des Abbruchs bedeutsamer Beziehungen nicht ohne Not im therapeutischen Umfeld zu wiederholen, wird im GPV realisierbar.

Tatsächlich gibt es eine große Anzahl verschiedener Organisationsformen von GPVs.

Man kann GPVs danach klassifizieren, welche Leistungen über den GPV organisiert werden, z.B. ob nur ambulante oder stationäre Eingliederungshilfeeinrichtungen und Dienste (SGB XII) beteiligt sind, ob auch Ärzte, Institutsambulanzen, Kliniken und Tageskliniken (SGB V) teilnehmen und ob schließlich auch Einrichtungen, die Leistungen im Auftrag vorrangiger Kostenträger des SGB IX erbringen, beteiligt sind.

Eine andere Betrachtungsweise orientiert sich stärker an den organisatorisch-strukturellen Eigenschaften des GPV. Sie fokussiert stärker darauf, wie der GPV funktioniert. Dieser Ansatz ermöglicht eine genaue Beschreibung der noch erforderlichen Organisationsentwicklungsschritte auf dem Weg zu einem GPV.