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DOI: 10.1055/s-2007-982832
Die Integration einer neuen Methodologie zur Bestimmung der dentofazialen Anomalien im Rahmen der zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen
Im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern durch den ÖGD werden auch die dentofazialen Anomalien erfasst. Allerdings erfolgt ihre Bestimmung lediglich subjektiv, ohne dass sich daraus valide Daten ableiten lassen.
Da es keine aktuellen vergleichbaren Ergebnisse über die Verbreitung und Schweregrad dentofazialer Anomalien in Deutschland gibt, war es Anliegen einer Querschnittsuntersuchung die 2001 verabschiedete Methodologie „Kieferorthopädische Indikationsgruppen“ (KIG) an 9- bis 11-Jährigen Schulkindern aus Thüringen auf ihre Eignung für die zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen zu testen und dabei gleichzeitig die epidemiologische Lücke hinsichtlich Verbreitung und Schweregrad von dentofazialen Anomalien zu schließen.
Zusätzlich erfolgte eine Befragung zum aktuellen kiefeorthopädischen Behandlungsstatus sowie über Behandlungswunsch und wahrgenommene Gebissästhetik und relevante soziale Einschränkungen.
Das Untersuchungsgebiet bildeten zwei Kleinstädte und fünf Verwaltungsgemeinschaften im Eichsfeldkreis/Thüringen. In die Studie einbezogen wurden alle 784 Grundschüler im Alter von 9 bis 11 Jahren aus dem Untersuchungsgebiet. Die Untersuchungen waren Teil der jährlichen Vorsorgeuntersuchungen und erfolgten im Schuljahr 2001/02. Die Erfassung der Anomalien konzentrierte sich auf die visuelle Befundung entsprechend den Richtlinien unter Verwendung eines Messlineals. Die Ergebnisse basieren auf den Befunden von 691 Probanden, die an der Untersuchung und Befragung teilgenommen haben. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem SPSS 11.51 S bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%.
Nach KIG dominierte die Gruppe D (sagittale Stufe/Distalbiss) mit 55,5%, gefolgt von Gruppe E (Kontaktpunktabweichung/Engstand) mit 21%, Gruppe T (vertikale Stufe/tiefer Biss) mit 7,8% und der Gruppe K (transversalen Abweichung/Kreuzbiss) mit 5,8% der Probanden.
Eine Behandlungsnotwendigkeit (Schweregrade 3 bis 5) wurde bei 35,9% der Probanden diagnostiziert. In Abhängigkeit vom Schweregrad der Anomalien wurden Korrelationen zwischen den kieferorthopädischen Befunden, dem Wunsch nach Behandlung sowie sozialen Einschränkungen festgestellt. Insgesamt bestätigten die Ergebnisse die Eignung der KIG-Methode für den Einsatz in den Vorsorgeuntersuchungen, daher sollte sie in das statistische Erfassungsprogramm „ISGA“ integriert werden.
Die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Ergebnisse sollten in der Diskussion zu Neuorientierung und Aufgabenwandel im ÖGD Beachtung finden.
Nach dem erwiesenen Erfolg der kariespräventiven Maßnahmen darf der präventive Faktor einer frühzeitigen kieferorthopädischen Diagnostik und Therapie in Zeiten begrenzter finanzieller Ressourcen im Gesundheitssektor nicht mehr vernachlässigt werden.