Gesundheitswesen 2007; 69 - V22
DOI: 10.1055/s-2007-982805

Hörgenuss statt Hörverlust

K Bierod 1
  • 1Gesundheitsamt Mühlheim an der/Ruhr

1997 führte die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen Düsseldorf (Afög) zusammen mit dem Gesundheitsamt Mülheim an der Ruhr unter Mithilfe der Universität Düsseldorf ein Projekt unter dem Titel Hörgenuss statt Hörverlust durch (siehe Bericht und Materialien Band 15 der Afög, ISBN 3–9804547–4-6).

Hierbei ging es darum, Jugendlichen der Sekundarstufe 1 das Risiko einer durch exzessives Musikhören selbst verursachten Lärmschwerhörigkeit darzustellen.

Seither wird das Projekt unter dem gleichen Namen allen weiterführenden Schulen im Bereich der Stadt Mülheim an der Ruhr für die Sekundarstufe 1 angeboten. Die angebotene Lerneinheit wird in Absprache mit den Schulen im Rahmen des Biologie-, Physik- oder Soziologieunterrichtes eingebaut, dauert 2 Schulstunden und umfasst folgende Inhalte:

  • Was ist hören?

  • Was ist Lärm?

  • Wodurch kommt es zu Gehörschäden?

  • Welche gesundheitlichen Auswirkungen kann Lärm haben (mit Demonstration)?

  • Messung des Hörverhaltens der Jugendlichen!

Die Inhalte könne auch – je nach Informationsstand und Interesse der Jugendlichen – variieren, in dem Bereiche verstärkt oder ausgelassen werden. Vor allem dem letzten Punkt kommt eine große Aufmerksamkeit zu. Für diese Messung sollen die Jugendlichen möglichst ihre eigenen Tonträger mitbringen und sie so einstellen, wie es ihrem eigenen Hörverhalten entspricht. Dann wird diese Lautstärke an einem Kunstkopf gemessen und geht in eine Risikoabschätzung in Bezug auf zu erwartende Hörschäden ein.

Die Ergebnisse der Messungen zeigen etwa folgende Verteilung: 25% der Jugendlichen hören mit einem Lärmpegel <85dB(A), 50% >85 dB(A) – <100 dB(A) und 25% >100 dB(A); gelegentlich kommen Lautstärken von >115 dB(A) vor. Jugendliche mit Migrationhintergrund sind überproportional häufig in der letzten Gruppe vertreten.

Da nicht alle Jugendlichen einen eigenen Tonträger mitbringen, wird für diese ein Tonträger zur Verfügung gestellt, der eine maximale Lautstärke von 115 dB(A) ermöglicht.

Probleme ergeben sich gelegentlich dadurch, dass Schüler den Sinn der Messung nicht verstehen und mit aller Macht die höchsten Lautstärken einstellen wollen, um den Mitschülern zu beweisen, wie cool sie sind.

Nachdem die Lautstärken gemessen und eine Risikoabschätzung durchgeführt wurde, zeigen sich viele Schüler/innen betroffen, aber wenn zu einem späteren Zeitpunkt die Jugendlichen befragt werden, ob sie ihr Verhalten geändert haben, so gibt die Mehrheit zu, dass die Änderung nur von kurzer Dauer war und sie wieder die alten Hörgewohnheiten angenommen haben.

Insgesamt haben die Messungen nicht den Anspruch der absoluten Genauigkeit. Es sind Überschlagsmessungen, die den Jugendlichen das Risiko ihres Hörverhaltens in Bezug auf eine zu erwartende Lärmschwerhörigkeit darstellen sollen.