Gesundheitswesen 2007; 69 - V5
DOI: 10.1055/s-2007-982788

Evidenz- oder politikbasierte Gesundheitsplanung? Zur Modellierung von Gesundheitsplanung durch Politikzyklen

V Grunow-Lutter 1
  • 1Akademie für öffentliches Gesundheitswesen, Düsseldorf

Ein zentrales Steuerungsinstrument der Politikgestaltung sind Planungsprozesse, die wissensbasiert Ziele und künftige Handlungen festlegen. Idealtypisch folgen diese Planungsprozesse dem Modell eines Regelkreises, der in 4 Phasen unterteilt wird:

  • Phase: Problembeschreibung und -bewertung,

  • Phase: Programm-/Maßnahmenformulierung,

  • Phase: Implementation,

  • Phase: Evaluation.

In den Gesundheitswissenschaften ist dieser Regelkreis – ursprünglich aus den Politikwissenschaften – als „Public Health Action Cycle“ bekannt. Zunehmend wird dieses Modell als zu technokratisch und zu mechanistisch kritisiert. Realitätsnäher ist ein phasen – und ein zyklusüberlappender Regelkreis.

Kennzeichnend für einen phasenüberlappenden Regelkreis sind phasenspezifische Modellierungsfaktoren, die eine „geordnete“ Abfolge der 4 Phasen nacheinander erschweren bzw. verhindern. Die Phasen verlaufen entweder parallel nebeneinander, oder es werden durch Feedbackschleifen schon getroffene Entscheidungen in vorangegangenen Phasen revidiert bzw. modifiziert – bis hin zum Abbruch der geplanten Maßnahmen. In den einzelnen Phasen wirken dabei spezifische Modellierungsfaktoren wie z.B. Interessengebundenheit der beteiligten Akteure oder begrenzte Übertragbarkeit (aufgrund örtlicher Gegebenheiten) von Beispielen „guter Praxis“ etc.

Beim zyklusüberlappenden Regelkreis wird davon ausgegangen, dass die Planungsprozesse in verschiedenen Politikfeldern sich gegenseitig beeinflussen. D.h. Planungsprozesse z.B. im Politikfeld „Wirtschaft“ können auf Planungsprozesse im Politikfeld „Gesundheit“ Einfluss nehmen – vielleicht sogar richtungweisend sein. Hier wirken politikfeldübergreifende Modellierungsfaktoren wie z.B. die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Politikfeldern.

Fazit: Eine erfolgreiche (Gesundheits-) Planung ist sowohl wissens- als auch politikbasiert. Eine nur (fach-)wissensbasierte Planung wird bei mangelnder Berücksichtigung von Modellierungsfaktoren wie z.B. Interessengebundenheit der Akteure, Netzwerke und Allianzen, political correctness etc. spätestens in der Phase der Umsetzung auf Schwierigkeiten stoßen und gegebenenfalls das gesamte Vorhaben aufs Spiel setzen.

Im Beitrag wird ausführlich auf die verschiedenen Modellierungsfaktoren eingegangen