Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - P384
DOI: 10.1055/s-2007-982479

Insulin-Glukose Algorithmus zur Kontrolle der Hyperglykämie bei pädiatrischen Intensiv-Patienten

D Deiss 1, KA Wintergerst 2, GM Steil 3, M Cantwell 3, S Kache 2, S Agarwal 2, DM Wilson 2, B Buckingham 2
  • 1Otto-Heubner-Centrum für Kinder-und Jugendmedizin, Charité CVK, Interdisziplinäres Sozialpädiatrisches Zentrum, Berlin, Germany
  • 2Pediatrics, Lucile Packard Children's Hospital, Stanford University, Stanford, California, United States of America
  • 3Medtronic-MiniMed, Inc., Northridge, California, United States of America

Ziel: Bei internistischen und chirurgischen Intensivpatienten können durch Erreichen einer euglykämischen Stoffwechsellage sowohl Morbidität als auch Mortalität deutlich gesenkt werden. Für eine bei der Intensivbehandlung erforderliche Insulininfusion werden zunehmend standardisierte Dosierungsalgorithmen verwendet, die auf diskreten Glukosemessungen basieren. Wir erprobten einen „proportional-integral-derivativen“ (PID) Algorithmus bei pädiatrischen Intensivpatienten mit hyperglykämischer Stoffwechselsituation.

Methodik: Der PID Algorithmus zur Berechnung der Insulin-Infusionsrate besteht aus drei additiven Komponenten: Die proportionale Komponente P verwendet die Differenz zwischen dem Ist-und Soll-Glukosewert, die integrale Komponente I reagiert auf persistierende Hypo- oder Hyperglykämie und die derivative Komponente D berücksichtigt die Geschwindigkeit der Glukoseänderung. Der PID Algorithmus wurde zur Therapiesteuerung und Bestimmung der Glukosemessabstände bei insgesamt 6 Intensivpatienten im Alter von 1 bis 14 Jahren eingesetzt. Bei vier der Kinder bestand eine diabetische Ketoazidose (DKA) im Rahmen eines Typ-1 Diabetes und bei zwei Kindern eine Glukokortikoid-induzierte Hyperglykämie. Der angestrebte Ziel-Glukosewert wurde individuell nach klinischen Kriterien festgelegt.

Ergebnisse: Der Algorithmus wurde insgesamt über eine Zeitdauer von 454 Stunden (Bereich: 12–215 Stunden) eingesetzt und ausgewertet. Bei vier Patienten konnte der Ziel-Glukosewert im Mittel nach 8,7 Stunden (1,3–15,1 Stunden) erreicht werden. Ein Patient mit hyperosmolarer DKA hatte nach 39 Stunden den Zielwert noch nicht erreicht, bevor er von der Intensivstation entlassen wurde. Bei einem weiteren Patienten lag der Glukosewert bereits zu Beginn der Algorithmusanwendung im Zielbereich. Nach Erreichen des Zielbereichs betrug die Glukoseschwankung (Standardabweichung der Einzelmessungen) durchschnittlich 23,5mg/dl. Die Glukosewerte lagen 13% der Zeit um mehr als 40mg/dl oberhalb und 1% der Zeit um mehr als 40mg/dl unterhalb des individuellen Zielwerts. Während der gesamten Anwendungszeit wurde ein Grenzwert von 55mg/dl nicht unterschritten. Bei einer 13-jährigen Patientin mit Makrophagen-aktivierendem Syndrom und septischem Schock waren maschinelle Beatmung, Hämodialyse und eine hochdosierte Steroid-Pulstherapie erforderlich. Nach einem initialen Glukosewert von 203mg/dl konnte bei dieser Patientin der individuelle Zielwert von 120mg/dl nach 10,8 Stunden erreicht werden und der Glukoseverlauf blieb in den nachfolgenden 8 Tagen mit einer mittleren Glukoseschwankung von 26mg/dl weitgehend stabil.

Schlussfolgerung: Bei pädiatrischen Intensivpatienten kann trotz häufiger Änderungen der Medikation, Steroiddosen und Infusionsmengen selbst unter Anwendung von Hämodialyse eine hyperglykämische Stoffwechsellage mithilfe des PID Algorithmus sicher und effektiv kontrolliert und therapiert werden.