Fragestellung: Sind fatale Verläufe hyperglykämischer bzw. ketoazidotischer Entgleisungen bei sehr
            jungen Kindern häufig und unvermeidlich?
         
         
            
         
            Methode: Falldiskussionen und Literaturbewertung
         
         
            
         
            Fall 1: Plötzlicher Tod des 14 Monate alten Mädchens zu Hause aus relativem Wohlbefinden.
            Gerichtsmedizinischer Sektionsbefund: keine äußerlichen Zeichen der Dehydratation
            (!), akutes Lungen- und Hirnödem, Blutstauung in parenchymatösen Organen, intravasale
            Erythrozytenschatten sowie eine Hypoplasie des Inselorgans mit den Zeichen einer Insulitis
            (Lymphozyteninfiltrate). In der Leber auffallend hoher Glykogengehalt der Hepatozyten
            sowie Lochkerne als Zeichen der Glukosetoleranzstörung, keine wesentliche Verfettung.
            Laborchemisch Nachweis einer schweren Hyperglykämie, Hyponatriämie und Hyperphosphatasie
            und (finalen?) Laktatazidose Die Serumosmolalität war deutlich erhöht, C-Peptid (<0,04mmol/l)
            und Insulin (0,01mmol/l) erniedrigt. HbA1c (5,8%) und Fruktosamin (125mmol/l) lagen
            im Normbereich. Nachgewiesen wurden positive Autoantikörper gegen Inselzellen (IA2).
         
         
            
         
            Fall 2: Aufnahme eines 2-jährigen Knaben mit typischer Symptomatik und Paraklinik im guten
            Zustand. Trotz lege artis eingeleiteter Manifestationstherapie Entwicklung eines nicht
            beherrschbaren Hirnödems in den nächsten Stunden und exitus letalis. HbA1c mit 9,6%
            erhöht.
         
         
            
         
            Diskussion: In 3–10 von 1000 Fällen entwickelt sich bei diabetischer Ketoazidose (DKA) ein multifaktoriell
            bedingtes Hirnödem mit akuter neurologischer Symptomatik. Die Azidose hemmt das glykolytische
            Enzym Phosphofruktokinase, so dass die Glukoseutilisation der Hirnzelle gestört wird.
            Ein Risikofaktor scheint die zügige Hydrierung mit resultierendem osmotischem Gefälle
            durch die Blut –Hirnschranke darzustellen, bewiesen ist dies jedoch nicht. Eine azidosebedingt
            erhöhte Vulnerabilität der Hirnzellmembranen wird gleichfalls diskutiert. Die Inzidenz
            von Thrombosen der vertebrobasilaren Gefäße oder Basalganglieninfarkte im Rahmen der
            DKA ist unbekannt. Die Initialsymptomatik kann unspezifisch und schwer erkennbar sein,
            Krämpfe und Bewusstlosigkeit werden unter Ümständen erst präfinal beobachtet. Auch
            cerebrale Vasokonstriktion bei Hypoxie wird diskutiert, die sich der Bildgebung entzieht
            (Diabetes Care vol 27,Nr.7, 2004).
         
         
            
         Die Mortalität liegt auch unter intensivmedizinischen Bedingungen bei >20% –50%(CMAJ
            2005;172:327–328; Brown et al, Emerg Med J 2004,21:141–144). Kinder unter dem 5. Lebensjahr
            sind besonders gefährdet. In einer Fallkontrollstudie wurde eine Symptomdauer von
            durchschnittlich 3 Stunden vor dem neurologischen Zusammenbruch gesehen (Muir et al;
            Diab Care,27 (7) 2004).2 Patienten verstarben ohne neurologische Prodromi.
         
         
            
         
            Schlussfolgerung: Die potentielle Fodroyanz erfordert bei Kleinkindern auch bei scheinbar komplikationsloser
            Manifestation pädiatrisch-intensivmedizinische Überwachung der Initialphase. bei unklaren
            Todesfällen eines Kleinkindes ist post mortem zügig ein Diabetes mellitus auszuschließen.