Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - P122
DOI: 10.1055/s-2007-982217

TeleAdi* – Entwicklung und Evaluation eines Langzeit-telemedizinischen Betreuungsmodells für Kinder und Jugendliche mit Übergewicht und Adipositas

W Beltschikow 1, S Radón 1, G Kramer 1, S Heiland 1, RD Berndt 2, R Schmiedel 2, R Schiel 1
  • 1Inselklinik Heringsdorf GmbH, Fachklinik für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten, Seeheilbad Heringsdorf, Germany
  • 2Infokom, Informations- und Kommunikationsgesellschaft mbH, Neubrandenburg, Germany

Die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas unter Schulkindern beträgt heute bis zu 20%. Ziel des Projektes TeleAdi war die Entwicklung und Evaluation eines Langzeitbetreuungsmodells.

Methoden: In der ersten Phase von TeleAdi wurde ein interdisziplinäres strukturiertes Behandlungs- und Schulungsprogramm (SBSP) mit theoretischen, praktischen, psychologischen und erlebnispädagogischen Inhalten entwickelt und evaluiert. Nach stationärer Teilnahme der Patienten am SBSP erfolgt die ambulante Langzeitbetreuung: Via E-mail, SMS oder telefonisch werden Therapiedaten an einen zentralen Server übertragen und mit einem Auswertealgorithmus analysiert. Probleme werden standardisiert identifiziert, an den Projektarzt übertragen und eine zielgerichtete Intervention eingeleitet. Insgesamt 140 Kinder und Jugendliche (Alter 13,7±2,5 Jahre, 56% Mädchen, BMI 30,5±5,6kg/m2, BMI-SDS 2,44±0,55) wurden vom 24.06.2005 bis zum 30.04.2006 in die Studie eingeschlossen.

Ergebnisse: Während der Teilnahme am stationären SBSP über 36,2±8,1 Tage sanken der BMI und der BMI-SDS auf 27,9±5,0kg/m2 (p<0,001) und 2,11±0,62 (p<0,001). Die Akzeptanz während der 12-monatigen telemedizinischen Betreuungsphase betrug 74%. BMI und BMI-SDS blieben über diesen Zeitraum konstant (3 Monate BMI 27,7±5,8kg/m2, p=0,408, BMI-SDS 1,94±0,85, p=0,0002, 6 Mo. BMI 27,2±4,8kg/m2, p<0,001, BMI-SDS 1,80±0,80, p<0,001, 9 Mo. BMI 27,6±kg/m2, p=0,056, BMI-SDS 1,82±0,64, p<0,001, 12 Mo. BMI 27,7±5,1kg/m2, p=0,117, BMI-SDS 1,88±0,82, p=0,030). Die Notwendigkeit erneuter spezifischer Intervention während der telemedizinischen Betreuungsphase ergab sich bei 10% der Patienten aufgrund einer Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens (standardisiert mit Fragebögen erfasst), bei 1% wegen negativer Depressivitätsscores, bei 2% wegen Problemen hinsichtlich der Motivation, bei 2% aufgrund von Ernährungsproblemen, aber bei 48% bzw. 40% aufgrund von Defiziten hinsichtlich der Durchführung konsequenten Muskelaufbau- und Ausdauertrainings.

Schlussfolgerungen: Telemedizinische Langzeitbetreuung wird von übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen in hohem Maße akzeptiert. In Kombination mit einem initialen SBSP ist sie gut geeignet zur langfristigen Gewichtsreduktion und –Kontrolle. Die größten Problembereiche bei der „Lifestyle“-Änderung betreffen die Umstellung der körperlichen Aktivität. Hier muss die Effektivität der Programme weiter gesteigert werden.

*Mit freundlicher Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Innovationsinitiative Neue Länder“, DISCO-Konzept.