Viszeralchirurgie 2007; 42(4): 269-274
DOI: 10.1055/s-2007-981244
Der akademische Vortrag

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Chirurgie bei fortgeschrittenen Ösophaguserkrankungen - Von der Resignation zur Rekonstruktion

Antrittsvorlesung vom 11. Nov. 2005Surgery for Advanced Esophageal Diseases - From Resignation to ReconstructionI. Gockel1
  • 1Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
23. August 2007 (online)

Spektabilität,

Sir Thomas Willis hat 1874 die erste Behandlung einer Achalasie beschrieben. Er konnte die Beschwerden des Patienten durch Dilatation der Engstelle des unteren Ösophagussphinkters mit einem Walknochen lindern.

Bis zum heutigen Zeitpunkt hat sich die Therapie der Achalasie aus chirurgischer Sicht wesentlich geändert.

Die idiopathische Achalasie als primär entzündlich bedingte Erkrankung der Speiseröhre unklarer Ätiologie ist durch eine Aperistaltik des tubulären Ösophagus sowie durch eine fehlende Relaxation des unteren Ösophagussphinkters charakterisiert.

Zum besseren Verständnis der Pathophysiologie der Achalasie - hier kurz eine Übersicht zur ösophagealen Innervation (Abb. [1]): Die quer gestreifte Muskulatur des proximalen Ösophagus wird direkt durch somatische efferente cholinerge Fasern des N. vagus, die aus dem Nucleus ambiguus stammen, innerviert. Andererseits wird die glatte Muskulatur des distalen Ösophagus von den präganglionären Vagusfasern des dorsalen motorischen Kerns innerviert. Diese setzen den Neurotransmitter Acetylcholin frei, das zwei verschiedene Typen postganglionärer Neurone des Plexus myentericus beeinflusst: exzitatorische cholinerge Neuronen und inhibitorische nitrinerge Neuronen [1]. Bei der Achalasie liegt ein Verlust dieser inhibitorischen nitrinergen Neuronen des ösophagealen Plexus myentericus vor.

Abb. 1 Innovation des Ösophagus (Park W, et al. Am J Gastroenterol 2005).

Pathophysiologisch kommt es nach einem initialen Insult - möglicherweise einer Virusinfektion - zu einer Inflammation des Plexus myentericus (Abb. [2]). Zusammen mit einer eventuellen genetischen Prädisposition als Kofaktor und dem Vorliegen von Anti-myenterischen Autoantikörpern folgt die Destruktion der inhibitorischen Neuronen, was zu dem klinischen Bild der Achalasie führt [1].

Abb. 2 Pathophysiologie (Park W, et al. Am J Gastroenterol 2005).

Wir konnten im eigenen Krankengut anhand der während einer Kardiomyotomie gewonnenen Biopsien des Plexus myentericus des distalen Ösophagus und bei kompletten Ösophagusresektaten von Patienten mit dekompensierter Achalasie im Endstadium eine signifikante Reduktion bis zum kompletten Verlust der intramuralen Ganglien sehen [2]. Häufige Befunde waren eine schwere Fibrose der glatten Muskelschicht und myopathische Veränderungen. In Abb. [3] sieht man anhand einer Richardson-Färbung auf der linken Seite die viszerale Myopathie der glatten Muskulatur bei einem Patienten mit Achalasie mit deutlichem Verlust der polygonalen Formation der Muskelzellen, teilweiser Atrophie und irregulärer Anfärbbarkeit sowie intramysialer Fibrose - verglichen mit einer Kontrolle auf der rechten Seite. Die Färbung gegen B- und T-Lymphozyten ergab Zeichen der Inflammation in mukosalen und muskulären Schichten. Seltenere histomorphologische Befunde waren eine Eosinophilie mit ausgeprägter Invasion von eosinophilen Granulozyten in der Muscularis propria sowie Mikrokalzifikationen der Ösophaguswand [2]. Ausgeprägte entzündliche Reaktionen (neuronal, eosinophil und mucosal) dominierten das Bild bei Patienten mit einer langdauernden Anamnese der Achalasie (> 10 Jahre), desweiteren fand sich hier eine fortgeschrittene endomysiale Fibrose. Die Untersuchung der Hochdruckzone unserer Patienten zeigte weiterhin eine deutliche Reduktion der interstitiellen Cajal-Zellen. Diese generieren spontan aktive Schrittmacherpotenziale, die die spontane elektrische und mechanische Aktivität der glatten Muskelzellen bestimmen. Stickstoffmonooxid (NO) als inhibitorischer Neurotransmitter scheint eine enge Beziehung zu den c-kit-positiven Cajal-Zellen zu haben, was die Motilitätsstörung erklärt. Die Beeinträchtigung der Cajal-Zellfunktion spielt selbst dann eine bedeutende Rolle, wenn der Auerbach-Plexus unversehrt ist [3].

Abb. 3 Viszerale Myopathie der glatten Muskulatur (J Gastroenterol Hepatol 2006).

Radiologisch findet sich bei der Achalasie häufig ein massiv dilatierter Ösophaguskorpus. Nimmt dieser einen Durchmesser von > 7 cm ein, so wird er als Dolichomegaösophagus bezeichnet, wie auf Abb. [4] dargestellt. Hier sieht man eine Kontrastmittelsäule bei retinierten Nahrungs- und Speiseresten der unteren ⅔ des Ösophagus. Bei dieser Patientin wurden bereits mehrfache pneumatische Dilatationen durchgeführt, die letztlich zu einer Insuffizienz des unteren, radiologisch weitgestellten, Ösophagussphinkters mit gastroösophagealem Reflux geführt haben.

Abb. 4 (Dolicho-)Megaösophagus.

Nur zwei therapeutische Optionen führen langfristig zu einer Besserung der bei der Achalasie vorhandenen Symptome: die pneumatische Dilatation und die Kardiomyotomie nach Heller.

In einer prospektiven Langzeitstudie von Eckardt et al. mit einer medianen Verlaufsbeobachtung von 13,8 Jahren führte eine einmalige pneumatische Dilatation mit dem Browne-McHardy-Dilatator zu einer 5-Jahres-Remissionsrate von 40 % und einer 10-Jahres-Remissionsrate von 36 % [4]. Wiederholte Dilatationen erbrachten lediglich eine geringe Verbesserung des klinischen Resultates. Patienten, die älter als 40 Jahre waren, hatten einen signifikant besseren Behandlungserfolg als jüngere Patienten. Der stärkste prädiktive Faktor für ein günstiges Langzeitergebnis war in dieser Studie ein Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters nach Dilatation von < 10 mmHg [4].

Die chirurgische Therapie der Achalasie wurde durch den deutschen Chirurgen Ernst Heller (1877-1964) beschrieben. Die Technik der extramukösen Kardiomyotomie ist in Abb. [5] dargestellt: Die Myotomie wird auf einer Länge von 7-8 cm im Bereich der Hochdruckzone des unteren Ösophagus durchgeführt und wird idealerweise über 2-3 cm auf den Magenfundus fortgesetzt. Hierbei werden sämtliche verdickte Muskelfasern der Speiseröhre und des proximalen Magens bis auf die Submukosa durchtrennt. Die Myotomie wird anschließend mit einer vorderen 180°-Semifundoplikatio nach Dor gedeckt. Dabei wird die Fundusmanschette - wie im Dia zu sehen und in unserer Klinik üblich - zweireihig unter Schonung des N. vagus in die beiden lateralen Muskelschenkel der Myotomie eingenäht.

Abb. 5 Ernst Heller (1877-1964).

In einem Zeitraum von 20 Jahren (September 1985 bis September 2005) wurden in der Klinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz unter Herrn Professor Dr. T. Junginger insgesamt 161 Patienten (103 männlich und 58 weiblich) wegen einer Achalasie operativ behandelt. Das mediane Alter zum Zeitpunkt der Operation lag bei 44 (14-84) Jahren, die mediane Anamnesedauer betrug 4 Monate (1 Monat-63 Jahre). Bei 100 (62,5 %) Patienten war präoperativ eine pneumatische Dilatation erfolgt. Bei 23 (14,3 %) Patienten handelte es sich um eine Rezidiv-Operation bei Achalasie.

Von den 161 Operationen wurde bei 128 (79,4 %) Patienten eine konventionelle Heller-Myotomie, bei 24 (15 %) Patienten eine laparoskopische Myotomie, bei 8 (5 %) Patienten im Endstadium der Achalasie bei dekompensiertem Dolichomegaösophagus eine Ösophagusresektion und bei einer (0,6 %) Patientin eine zweizeitige Ösophagusrekonstruktion nach Ösophagektomie durchgeführt.

Es erfolgt die Demonstration eines Operations-Videos der laparoskopischen Kardiomyotomie.

Die Ergebnisse der konventionellen Myotomie unserer Klinik zeigen nach einer medianen Verlaufsbeobachtung von 70 Monaten keine bzw. nur noch eine geringe Ausprägung folgender Symptome (entsprechend einer Punktzahl 0-1 des Eckardt-Scores): Dysphagie 0-1 bei 94,9 %, Regurgitation 0-1 bei 94,8 %, retrosternale Schmerzen 0-1 bei 97,4 % und einen Gewichtsverlust 0-1 bei 98,7 % der Patienten, entsprechend einem klinischen Stadium I-II nach Eckardt bei 93,5 % aller Patienten [5]. Der Eckardt-Score konnte im Langzeitverlauf nach konventioneller Myotomie von präoperativ 6 (2-12) auf postoperativ 1 (0-4) Punkte signifikant gesenkt werden (p < 0,0001) (Abb. [6]).

Abb. 6 Operative Ergebnisse II (Junginger T, et al. 2005).

Der radiologisch gemessene maximale Durchmesser des Ösophaguskorpus nahm von präoperativ 45 (20-75) mm auf postoperativ 30 (20-60) mm signifikant ab, während der minimale Durchmesser der Kardia von 3,4 (1-10) mm auf 10 (5-15) mm signifikant zunahm. Der manometrisch gemessene Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters konnte nach konventioneller Heller-Myotomie von 28,4 (9,4-56,0) mmHg auf 8,6 (3,0-22,5) mmHg signifikant gesenkt werden [6].

Die konventionelle Heller-Myotomie führte somit langfristig mit hoher Effizienz zu einer Verbesserung der bei der Achalasie vorhandenen Symptome sowie der radiologischen und manometrischen Parameter und kann somit als Basis für die Beurteilung der minimal-invasiven Technik angesehen werden.

Vergleicht man im eigenen Krankengut die Ergebnisse der primären Kardiomyotomie mit der pneumatischen Dilatation, so zeigt sich postinterventionell eine signifikant größere Reduktion des Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters nach operativer Therapie (69,8 % versus 44,9 % nach Dilatation) (p < 0,0001). Auch die radiologisch gemessene Durchmesserminderung des Ösophaguskorpus ist nach Myotomie größer als nach Dilatation (32,3 % versus 21,4 %), wenngleich dieser Unterschied statistisch nicht signifikant ist (p = 0,1495).

Die chirurgische Therapieoption - die Kardiomyotomie nach Heller - hat sich auch bei fortgeschrittenen Stadien der Achalasie sowie nach erfolgloser pneumatischer Dilatation als effizient erwiesen: So konnten Patti et al. zeigen, dass auch bei Patienten mit einem Ösophagusdurchmesser von > 6 cm oder dem Vorliegen eines Dolichomegaösophagus nach laparoskopischer Myotomie und einer Nachbeobachtung von 25 Monaten bei allen Patienten ein gutes bis sehr gutes Ergebnis erzielt werden konnte [7]. Das operative Vorgehen war hierbei nicht länger als bei Patienten mit schmalerem Ösophaguskaliber und die perioperative Komplikationsrate war nicht erhöht [7].

Nach erfolgloser pneumatischer Dilatation und anschließender Myotomie war im eigenen Krankengut das klinische Langzeitergebnis signifikant besser als bei Patienten mit so genannter „erfolgreicher”, einmaliger Dilatation und als bei Patienten mit wiederholter pneumatischer Dilatation (Abb. [7]). Die entsprechenden 10-Jahres-Remissionsraten lagen bei 77 % für Gruppe C (konventionelle Myotomie nach erfolgloser Dilatation), bei 72 % für Patienten der Gruppe A (einmalige pneumatische Dilatation) und bei 45 % für Gruppe B (mehrfache pneumatische Dilatationen) [8]. Unter allen untersuchten Faktoren war ein junges Alter mit einer erhöhten Notwendigkeit einer operativen Therapie assoziiert. Patienten unter 40 Jahre profitieren somit von einer primären Myotomie [8].

Abb. 7 Heller-Myotomie nach erfolgloser pneumatischer Dilatation (Gockel I, et al. Ann Surg 2004).

Auch führen Rezidiv-Operationen bei Achalasie zu einem guten symptomatischen Langzeitergebnis mit Beseitigung der Dysphagie. So konnten 2 Patientengruppen mit inadäquatem therapeutischem Erfolg nach operativer Behandlung einer Achalasie identifiziert werden: Patienten mit Typ I oder „Frührezidiv” bei technischem Fehler der Myotomie oder Vernarbungsprozessen, die eine Re-Myotomie erforderlich machen, sowie Patienten mit Typ II oder „Spätrezidiv” mit irreversibler Progression der Erkrankung und Entwicklung eines Megaösophagus mit konsekutiver Ösophagektomie. Im eigenen Krankengut konnte durch eine Re-Myotomie bei Typ-I-Patienten der Ruhetonus des unteren Ösophagussphinkters im Median auf 8,3 (4,0-10,0) mmHg gesenkt werden, entsprechend dem von Eckardt beschriebenen signifikanten Prädiktor (< 10 mmHg) eines günstigen Langzeitergebnisses.

Vergleicht man die in der Literatur vorhandenen Ergebnisse der konventionellen Myotomie, so finden sich gute Langzeitergebnisse für das Vorgehen nach Heller-Dor in 93,8 % (Bonavina 1992), nach Heller-Belsey in 68,0 % (Malthaner 1994) bis 87,0 % (Chen 2002) und nach Heller ohne Antirefluxprozedur in 53,3 % (Liu 1998), 53,4 % (Mattioli 1996) und 89,0 % (Ellis 1993). Die Nachbeobachtungszeiten der angegebenen Studien liegen zwischen 5,5 und 11,5 Jahren.

Die Resultate der laparoskopischen Myotomie sind ähnlich gut, die Verlaufsbeobachtung jedoch deutlich kürzer. So werden hier Monate angegeben, und die Studie mit der längsten postoperativen Beobachtungszeit (Frantzides 2004) liegt bei 36 Monaten. Das hier überwiegend angewandte Verfahren ist die Myotomie nach Heller mit anteriorer Semifundoplikatio nach Dor. Gute Ergebnisse fanden sich bei diesem Vorgehen in 90,0 % (Hunter 1997), in 98,2 % (Rosati 1998), in 89,0 % (Patti 1999), in 81,0 % (Hunt 2000) und in 92,0 % (Zaninotto 2000). Die Technik nach Heller-Toupet zeigte bei 92,0 % der Patienten ein gutes Resultat (Frantzides 2004), die Myotomie ohne Fundoplikat in 89,0 % (Wang 1998).

Die Ösophagusresektion im Endstadium der Achalasie ist selten. Sie ist nach erfolgloser Dilatationsbehandlung, nicht-resezierenden operativen und Rezidiv-Prozeduren indiziert. Die Patientenselektion in dieser Gruppe ist schwierig, und das operative Risiko muss individuell sorgfältig gegen die schlechte Lebensqualität dieser Patienten mit persistierender oder rezidivierender Dysphagie abgewogen werden.

Zwischen September 1985 und April 2004 wurde in unserer Klinik bei 8 Patienten (6 weiblich, 2 männlich) eine subtotale Ösophagusresektion wegen einer fortgeschrittenen Motilitätsstörung durchgeführt. Das mediane Alter lag bei 59,5 (43-78) Jahren. Sechs Patienten hatten einen Megaösophagus bei Achalasie und ein Patient eine unspezifische Motilitätsstörung des Ösophagus mit distaler Stenose, eine weitere Patientin ein Rezidiv eines großen epiphrenischen Divertikels, das in Zusammenhang mit einer Kollagenose aufgetreten war. Eine transhiatale Ösophagusresektion wurde bei 6 Patienten, das transthorakale Vorgehen bei 2 Patienten durchgeführt. Abb. [8] zeigt das aufgeschnittene Ösophagus-Präparat einer 78-jährigen Patientin mit therapierefraktärer Achalasie im Endstadium. Die Erkrankung war seit 63 Jahren bekannt und bereits 1950 mit dem Stark'schen Dilatator und 1979 mittels pneumatischer Dilatation behandelt worden. Die Patientin klagte über progrediente Dysphagie und Regurgitationen, zuletzt bei jeder Mahlzeit, sowie über einen ausgeprägten Gewichtsverlust und ständiges retrosternales Druckgefühl. Durch die Dilatationsbehandlungen war es zu einer Insuffizienz des unteren Ösophagussphinkters gekommen mit persistierendem Sodbrennen trotz Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren. Radiologisch fand sich ein ausgeprägter Dolichomegaösophagus. Aufgrund des insuffizienten unteren Ösophagussphinkters kam weder eine erneute Dilatation noch eine Kardiomyotomie in Betracht, so dass wir eine subtotale Ösophagusresektion durchführten. Das Präparat zeigte ausgeprägte polypoide Formationen des hyperplastischen Epithels - der mögliche Progress dieser Schleimhautveränderungen als Präkanzerose zum Ösophaguskarzinom ist nahe liegend.

Abb. 8 Polypoide Formationen des hyperplastischen Epithels.

Bei einer weiteren, 63-jährigen Patientin war auswärts bereits vor ca. 20 Jahren bei Achalasie eine Fundus- und distale Ösophagusresektion mit Ösophagogastrostomie und anschließend eine erneute Ösophagusteilresektion über eine Thorakotomie rechts erfolgt. Die Patientin stellte sich vor wegen therapierefraktären Sodbrennens bei endoskopisch ausgeprägtem Barrett-Ösophagus. Es erfolgte zunächst ein Coloninterponat (Abb. [9]) (linke Diahälfte) und wegen des erhöhten Risikos zweizeitig die Ösophagusresektion (rechte Diahälfte).

Abb. 9 Pat. G. D., 63 Jahre.

Die Ergebnisse der Resektion und Rekonstruktion des Ösophagus bei fortgeschrittenen und dekompensierten Motilitätsstörungen sind günstig: Im eigenen Krankengut konnte nach einem medianen Follow-up von 43,5 (3-92) Monaten trotz des Versagens vorheriger Therapien bei allen Patienten eine deutliche funktionelle Verbesserung mit Beseitigung der Dysphagie und Wiederherstellung der Lebensqualität erzielt werden.

Die Prognose des fortgeschrittenen, inkurablen Ösophaguskarzinoms ist schlecht.

Im eigenen Krankengut zeichneten sich die inkurablen Plattenepithelkarzinome durch ein fortgeschrittenes, infiltratives Lokalwachstum aus im Gegensatz zu den Adenokarzinomen, deren Inkurabilität vorwiegend durch Fernmetastasen bedingt war.

Durch verbesserte diagnostische Maßnahmen hat jedoch in den letzten Jahren die Anzahl von operativ behandelten pT1-Karzinomen für beide Entitäten deutlich zugenommen.

Die Rekonstruktion beim Ösophaguskarzinom besteht in den überwiegenden Fällen in einem Schlauchmagen, der im anatomisch vorgegebenen, prävertebralen Bett des Ösophagus hochgezogen wird.

Die Technik der Ösophagusrekonstruktion mittels Schlauchmagenbildung und Anastomosierung (intrathorakale Ösophagogastrostomie) wird demonstriert.

Im Zeitraum zwischen September 1985 und März 2004 wurden in der Klinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie der Uniklinik Mainz 424 Patienten wegen eines malignen Tumors der Speiseröhre ösophagektomiert. Dabei handelte es sich um 150 Adenokarzinome und um 229 Plattenepithelkarzinome. Das Standardvorgehen beim Adenokarzinom war die transhiatale Resektion, bei transmuralem Tumorwachstum und vertretbarem operativem Risiko wurde das transthorakale Vorgehen mit erweiterter mediastinaler Lymphknotendissektion gewählt. Hingegen wurde beim Plattenepithelkarzinom das transthorakale Vorgehen routinemäßig durchgeführt, nur bei Patienten mit erhöhtem operativem Risiko durch die Thorakotomie und begrenztem Lokalbefund die transhiatale Ösophagusresektion bevorzugt.

Vergleicht man das operative Vorgehen - transthorakal versus transhiatal - beim Adenokarzinom der Speiseröhre, so zeigt sich für R 0-Resektionen ein signifikant besseres Langzeitüberleben nach transhiataler Ösophagusresektion (35,1 % versus 17,7 %) (p = 0,045). Die zusätzlich zur routinemäßig durchgeführten abdominellen Lymphadenektomie mediastinale Lymphknotendissektion erbrachte bei diesem Tumortyp keinen prognostischen Gewinn. Die Prognose des Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus wird jedoch durch die Anzahl der dissezierten mediastinalen Lymphknoten beeinflusst, und die transthorakale Technik führt hier zu einem signifikant besseren Langzeitüberleben verglichen mit den transhiatal operierten Patienten (p = 0,004). Bei Patienten mit Lymphknotenbeteiligung (N 1) und > 16 thorakal entfernten Lymphknoten (entsprechend dem Median) war die Prognose signifikant besser als bei Patienten mit < 16 entfernten Lymphknoten (thorakales Vorgehen), und diese wiederum günstiger als nach transhiataler Resektion (Abb. [10]). Patienten mit regionaler Lymphknotenbeteiligung (N 1) profitieren somit beim Plattenepithelkarzinom von der erweiterten mediastinalen Lymphknotendissektion, trotz der höheren Rate perioperativer Komplikationen durch die Thorakotomie.

Abb. 10 Plattenepithelkarzinom.

Die Identifikation prognostischer Marker für das Ösophaguskarzinom, insbesondere des Ansprechens auf neoadjuvante Konzepte, ist von besonderer Relevanz und Gegenstand unserer derzeitigen wissenschaftlichen Tätigkeit.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Literatur

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Dr. med. habil. I. Gockel

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