Zusammenfassung
Mehr als 95 % der Schulterluxationen erfolgen nach ventral. Das Verletzungsmuster
ist unterschiedlich, ein Labrumabriss zählt in mehr als 85 % dazu. Entscheidender
sind die Prognose einer Rezidivluxation ist jedoch der zusätzliche Abriss des Lig.
glenohumerale inferius und das Patientenalter. Ein Hill-Sachs-Defekt gewinnt erst
ab einem Anteil von 30 % an der Humeruskopfzirkumferenz an Bedeutung. Die Indikation
zur sofortigen Operation ist die verhakte, nicht geschlossen zu reponierende Verrenkung
(zumeist nach dorsal). Frühzeitig sollten relevante Pfannenrandfrakturen sowie Labrum-Kapselabrisse
bei jungen Patienten unter 26 Jahren und schulteraktiven Sportlern fixiert werden.
Während noch vor wenigen Jahren diese vorderen Schulterluxationen geschlossen reponiert
und unabhängig vom Alter sowie vom Leistungsprofil des Patienten früh-funktionell
nachbehandelt wurden, setzt mit Entwicklung arthroskopischer minimal invasiver Techniken
ein Umdenken zur Differenzierung ein. Vor einem allgemeinen Einsatz der Schulterarthroskopie
nach vorderer Luxation sollte gewarnt werden, da es sich letztendlich um einen operativen
Eingriff mit möglichen Nebenwirkungen handelt. Für den modernen Behandlungsalgorithmus
ist zunächst eine strenge Trennung zwischen traumatischen und atraumatischen Erstluxationen
anzustreben. Während die erste Gruppe nach dem TUBS-Schema (traumatisch-unilateral-Bankartläsion-surgery)
von einer arthroskopischen Technik deutlich profitieren kann, gilt für die zweite
Gruppe Zurückhaltung entsprechend dem sog. AMBRII-Schema (atraumatisch-multidirektional-bilateral-Rehabilitation
vor inferiorem Kapselshift und Intervallverschluss). Anatomische artikularseitige
Rekonstruktionen mit einer Refixation des Limbus-Kapselkomplexes nach Bankart werden
heute als Standard bevorzugt, auch bei Rezidiven. Extraartikuläre Eingriffe sind individuellen
Indikationen vorbehalten. Arthroskopische Verfahren erfordern ein aufwändiges und
genau auf die Fixationstechnik abgestimmtes Equipment. Mit differenzierter Indikationsstellung,
Patientenselektion und zunehmender Lernkurve gelingt es in aktuellen Studien die Erfolgsrate
dem des offenen Bankartrepair anzunähern.