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DOI: 10.1055/s-2007-977160
Modulation somatosensorischer kortikaler Funktion bei Patienten mit idiopathischer Trigeminusneuralgie
Ziele: Chronischer Schmerz ist ein belastender Krankheitszustand, der sich auf eine Vielzahl neuronaler Systeme von der taktilen bis hin zur komplexen emotionalen Wahrnehmung auswirkt. Der somatosensorische Kortex ist an der Verarbeitung von sensorischen Schmerzaspekten maßgeblich beteiligt, ist aber auch gleichzeitig die erste kortikale Instanz für die Verarbeitung nicht schmerzhafter sensorischer Information. Da also die Verarbeitung von schmerzhaften und nicht schmerzhaften Reizen in überlappenden Strukturen stattfindet, stellt sich die Frage, ob chronische Schmerzzustände mit Veränderungen der somatosensorischen Funktion an sich assoziiert sind, was in dieser Studie am Beispiel der idiopathischen Trigeminusneuralgie (ITN) untersucht wurde. Methode: 19 Patienten mit ITN und 13 gesunde Probanden wurden bei nicht schmerzhafter taktiler Stimulation der Lippen und der Finger mit der funktionellen MRT untersucht und spezifische Hirnaktivierungen im somatosensorischen System gemessen. 10 langfristig schmerzfreie Patienten nach erfolgreicher neurochirurgischer Intervention (Jannetta-OP) wurden im Verlauf untersucht. Ergebnis: Bei Stimulation der Lippen war die Aktivierung des primären somatosensorischen Kortex in beiden Patientengruppen im Vergleich zu der Probandengruppe signifikant reduziert (p<0,05). Aktivierung im sekundären somatosensorischen Kortex war nicht abgeschwächt, was im Umkehrschluss einer relativen Mehrbeteiligung dieser Region an der Reizverarbeitung bei Patienten mit ITN entspricht. Bei Stimulation der Finger war sowohl die Aktivierung im primären, als auch im sekundären somatosensorischen Kortex signifikant reduziert (p<0,01), was auf eine generelle Verminderung der somatosensorischen Reizverarbeitung bei Patienten mit ITN hindeutet. Die gemessenen Veränderungen waren unabhängig von der betroffenen Seite der ITN und nicht mit einer Abnahme des thalamischen Signals korreliert. Schlussfolgerung: Chronische Schmerzpatienten mit ITN zeigen signifikante funktionelle Veränderungen im somatosensorischen Kortex bei der Verarbeitung nicht schmerzhafter taktiler Reize. Die Veränderungen sind unabhängig von der durch die Krankheit betroffenen Gesichtsseite, erfassen auch Reize aus nicht betroffenen Körperregionen (Finger) und persistieren überdies nach längerer Schmerzfreiheit. Dieses weist auf eine globale und langfristige Modulation somatosensorischer kortikaler Funktion bei chronischen Schmerzpatienten hin, die dem Schutz vor übermäßiger Reizexposition dienen könnte.
Korrespondierender Autor: Blatow M
Neurologische Uniklinik, Neuroradiologie, Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg
E-Mail: maria_blatow@med.uni-heidelberg.de
Funktionelle MRT - Idiopathische Trigeminusneuralgie - Somatosensorischer Kortex