Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P289
DOI: 10.1055/s-2007-976417

West-Syndrom: Eine EEG-fMRI-Untersuchung der mit Hypsarrhythmie assoziierten neuronalen Netzwerke

M Siniatchkin 1, S Wolff 1, J Jacobs 1, J Möhring 1, F Möller 1, R Boor 1, HR Siebner 1, O Jansen 1, U Stephani 1
  • 1Kiel, Raisdorf

Fragestellung: West-Syndrom stellt ein diagnostisches und therapeutisches Problem in der pädiatrischen Epileptologie dar. Die Mechanismen dieses Krankheitsbildes, mit Blitz-Nick-Salaam-Anfällen, Hypsarrhythmie im EEG und Entwicklungsverzögerung, sind unbekannt. Die Hypsarrhythmie besteht aus zwei elektrophysiologischen Phänomenen: multifokaler hypersynchroner Aktivität (HSA) und langsamer Aktivität (hochamplitudige Delta-Paroxysmen). Die neuronalen Netzwerke, die der beiden Phänomene zugrunde liegen, wurden in dieser Studie untersucht.

Methoden: 10 Kinder mit West-Syndrom (1,4±1,2 Jahre) und 10 gleichaltrige Kinder mit fokalen Epilepsien (1,8±1,9 Jahre) wurden mittels simultaner Aufnahmen von EEG (MR-kompatibles BrainVision-System® mit 30 Ag/AgCl-Elektroden) und fMRI (Philips Achieva 3-Tesla Scanner, EPI-Sequenzen mit TR=2,25 Sek, 64×64 Matrix, 540 Dynamiken über 20 Min) untersucht. HSA wurde manuell markiert und als Regressor benutzt. Langsame Delta-Aktivität wurde mittels FFT alle 2,25 Sek evaluiert und als ein parametrischer Regressor in die SPM5-Analyse einbezogen. EPI-Bilder von Kindern ohne große Läsionen wurden normalisiert und beide Gruppen miteinander verglichen (Random Effect-Gruppenanalyse). Das Signifikanzniveau wurde FDR-korrigiert.

Ergebnisse: Die HSA war mit Arealen signifikanter Aktivierung im zerebralen Kortex assoziiert, wobei bei allen Kindern ein positiver BOLD-Effekt in den okzipitalen, bei 90% in den parietalen und bei 70% in den frontalen Kortices auftrat. Nur zwei Kinder wiesen eine subkortikale Aktivierung auf. Die langsame Aktivität jedoch (Delta-Power) korrelierte signifikant mit dem positiven BOLD-Effekt bei allen Kindern im Hirnstamm (Pons), bei 70% im Thalamus beidseits, bei 40% in den Basalganglien sowie bei allen Kindern in unterschiedlichen Arealen des Kortex. Die Gruppenanalyse ergab eine, verglichen mit Kindern mit anderen Epilepsien, signifikante Aktivierung im Putamen und Globus pallidus beidseits, die assoziiert war mit der langsamen Hirnaktivität im EEG.

Schlussfolgerungen: Die Studie zeigte, dass die HSA mit einer multifokalen Aktivierung der kortikalen Areale und die langsame Aktivität mit einer Aktivierung subkortikaler Strukturen assoziiert ist. Übereinstimmend mit vorangegangenen PET-Studien sind die Kinder mit West-Syndrom auch durch Aktivierung von Putamen und Globus pallidus charakterisiert. Die Ergebnisse weisen auf eine besondere Bedeutung von Delta-Aktivität in der Pathogenese des West-Syndroms hin.