Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P281
DOI: 10.1055/s-2007-976409

Trennung von Reihenfolge und Inhalt beim Lernen räumlicher Zielsequenzen

T Eggert 1, J Ladda 1, T Lang 1, A Straube 1
  • 1München

Fragestellung: Lernen von Sequenzen, z.B. in der „seriellen Reaktionszeit Aufgabe“ (SRT) (Nissen and Bullemer, 1987), wurde durch einfache rekurrente Netzwerke modelliert (Cleeremans & McClelland, 1991), die auf Elman (1990) zurückgehen. In diesen Netzen sind gewöhnlich Reihenfolge und Eigenschaften der Sequenzelemente gemeinsam abgespeichert. Eine Änderung der gelernten Reihenfolge ist normalerweise nicht möglich, ohne auch das Wissens über Elementeigenschaften zu beeinträchtigen. Diese Abhängigkeit von Reihenfolge und Inhalt haben wir beim motorischen Lernen einer räumlichen Zielsequenz überprüft.

Methoden: Die gesunden Versuchspersonen (N=11) mussten eine Sequenz von 20 nacheinander auf einem Videomonitor angebotenen Zielen mit Sakkaden verfolgen. Nach jedem dieser Trainingsdurchgänge versuchten sie diese Sakkadensequenz in Abwesenheit der Ziele zu reproduzieren. Augenbewegungen wurden mittels Videookulographie aufgezeichnet. In einer Sitzung wurden 38 alternierende Trainings- und Reproduktionsdurchgänge ausgeführt.

Ergebnisse: Die erste Lernphase war nach etwa 20 Durchgängen abgeschlossen, in der die Anzahl der reproduzierten Ziele von 8 auf 18 anstieg. Der mittlere Positionsfehler sank von 4,4 Grad auf 3,3 Grad. Bei Fortsetzung des Trainings 24 Std. später zeigte sich eine Persistenz der Reproduktionsleistung (siehe Pfeil in der Abbildung). Die erlernte Sequenz konnte auch durch manuelle Zeigebewegungen reproduziert werden. In einem weiteren Experiment wurden nach dem 29. Durchgang zwei benachbarte Zielpunkte der Sequenz vertauscht. Die Vertauschung hatte auf den Lernverlauf, insbesondere auf den der Positionsgenauigkeit der übrigen Fixationen keinerlei Einfluss, d.h. die Änderung der Reihenfolge konnte unmittelbar reproduziert werden und beeinflusste nicht die anderen Teile der Sequenz.

Schlussfolgerung: Die gelernten Sakkadensequenzen konnten in unserem Experiment auf die Hand generalisiert werden. Das zeigt, das in der Frühphase des motorischen Sequenzlernens Information effektorunabhängig abgelegt wird. Das Ergebnis, dass eine Zielvertauschung keinen Einfluss auf die übrige Sequenz hat, legt nahe, dass beim Transfer vom Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis Reihenfolge und räumliche Position von Zielsequenzen getrennt abgespeichert werden. Dies ist mit den Vorhersagen der oben erwähnten Netzwerkmodelle nicht vereinbar.

Diese Studie wurde durch die DFG gefördert.

Fig. 1