Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P278
DOI: 10.1055/s-2007-976406

Erhöhte Sensibilitäts- und Schmerzschwellen bei Patienten mit Morbus Alzheimer

J Ladda 1, A Danek 1, A Straube 1
  • 1München

Fragestellung: Patienten mit Morbus Alzheimer berichten weitaus weniger Schmerzen als andere Personen dieser Altersgruppe. Gruppenunterschiede scheinen nur bezüglich der Toleranzschwelle für Schmerzen ersichtlich zusein, die bei dieser Patientengruppe erhöht ist. Bezüglich der Schmerzschwelle wurde bisher kein Unterschied nachgewiesen. Diese Studie untersucht mittels der ‘Quantitativen Sensorischen Testung’ (QST), ob die thermischen und mechanischen Sensibilitäts- und Schmerzschwellen bei Patienten mit Morbus Alzheimer verändert sind.

Methoden: Die QST ist eine standardisierte und zuverlässige Methode und beinhaltet den Modular Sensory Analyzer (MSA)“ – thermo stimulator (SOMEDIC Sales AB, Sweden), die von Frey Haare (OptiHair2, MARSTOCKnervtest, Marburg), sowie ein Set von Nadelreizstimulatoren (‘pinprick punctate probes’). Es wurden Sensibilitäts- und Schmerzschwellen für thermische und mechanische Stimuli bei 10 Patienten mit Morbus Alzheimer (Alter: 66,6±7,8 Jahre) im Vergleich zu 10 gesunden alters-gematchten Kontrollpersonen gemessen. Anwendungsort war der rechte und der linke Handrücken, dessen Daten gemittelt wurden, da es keinen signifikanten Seitenunterschied gab. Zur Datenauswertung wurde zunächst eine Ausreißer-Analyse angewendet mit anschließender deskriptiven Statistik und Student's t-Test auf unverbundene Stichproben (p<0,05).

Ergebnisse: Die Patienten sind in allen Schwellen tendenziell unempfindlicher als die Kontrollpersonen. Signifikant war dieses Ergebnis für die thermischen Sensibilitätsschwellen (Kälte- und Wärmewahrnehmung), der Hitzeschmerzschwelle, sowie der mechanischen Sensibilitätsschwelle. Die Kälteschmerzschwelle und die mechanische Schmerzschwelle zeigten keinen signifikanten Unterschied. Das nicht alle Schwellen signifikant erhöht sind könnte ein Hinweis sein, dass die Patienten die Testaufgaben zumindest nicht missverstanden haben. Jedoch zeigten die Patienten generell eine höhere Varianz in den Messdaten.

Schlussfolgerung: Die QST beweist sich auch bei Patienten mit Morbus Alzheimer als eine verlässliche Methode. Diese Patientengruppe weist eine Erhöhung der sensorischen Schwellen auf, die auch neurophysiologisch begründet sein könnte, und nicht ausschließlich auf die verminderten Fähigkeit Schmerzen zu artikulieren, zurückzuführen ist.

Fig. 1 Thermische Sensibilitätsschwellen. TSL: Thermal Sensory Limen. Schwelle ausgehend von der Ausgangstemperatur bei 32°C.

Fig. 2 Mechanische Sensibilitätsschwelle

Fig. 3 Thermische Schmerzschwellen

Fig. 4 Mechanische Schmerzschwelle