Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P259
DOI: 10.1055/s-2007-976387

Natürliche Aktivierung und künstliche Stimulation der Beinmuskulatur beim Liegeradfahren

M Schiller 1, J Szecsi 1, F Müller 1, A Straube 1
  • 1München

Einführung: Das Radfahren Querschnittgelähmter ist mithilfe künstlich erzeugter Stimulationsmuster (Einschaltreihenfolge der Beinmuskeln) realisierbar. Eine Optimierung dieser individuell für den einzelnen Patienten berechneten Muster könnte zu Leistungserhöhungen beim Radfahren und zu besserem kardiovaskulären und Muskel-Training führen.

Ziel dieser Vorstudie war es, das natürliche Aktivierungsmuster gesunder Muskulatur mithilfe des EMG zu messen und mit dem künstlichen Stimulationsmuster eines paraplegischen Patienten zu vergleichen. Die vollständige Studie wird an zehn Patienten und ebenso vielen Kontrollpersonen durchgeführt.

Methode: Das EMG von sechs linksseitigen Muskelgruppen (QUAD, MBF, TIB, GAS, ADD, GLUT) einer gesunden Kontrollperson wurde mit dem beim Radfahren eingesetzten Stimulationsmuster dreier Muskelgruppen (QUAD, MBF, GLUT) einer anthropomorphisch ähnlichen querschnittgelähmten Person verglichen. Die EMG-Aktivierungsschwelle wurde auf 10% gesetzt. Widerstandsstufen und Drehzahlen wurden entsprechend denen beim Radfahren Querschnittgelähmter üblichen gewählt. Es wurden die zeitliche Einschaltsequenz und die Widerstandsabhängigkeit der natürlichen Muskelaktivität mit dem künstlichen Muster verglichen.

Ergebnisse: Bei höheren Widerstandsstufen ist beim Gesunden eine verlängerte Wirkung des M. Quadriceps um 65° und eine frühere Aktivierung des M. Biceps Femoris um 75° sowie ein Amplitudenanstieg aller Muskelgruppen zu beobachten. Während der M. Quadriceps beim Gesunden im Bereich von 280° bis 340° immer exzentrisch und anschließend im Bereich von 345° bis 55° konzentrisch arbeitet, kontrahiert die künstliche Stimulation ausschließlich konzentrisch. Der M. Gluteus Maximus arbeitet beim Gesunden im Gegensatz zum Querschnittgelähmten bei vergleichbaren Widerstandsgraden nicht. Die Adduktorengruppe ist ab einer mittleren Widerstandsstufe ständig aktiviert.

Bewertung: Die Tatsache, dass der M. Quadriceps des Gesunden in einem großen Winkelbereich exzentrisch arbeitet, lässt darauf schließen, dass im Falle des Gesunden ein großer Kraftbereich vorhanden ist, der moduliert eingesetzt werden kann. Insgesamt entspricht das künstliche Stimulationsmuster des Querschnittgelähmten am ehesten dem bei hoher Belastungsstufe gemessenen Aktivierungsmuster des Gesunden.

Fig. 1

Fig. 2

Fig. 3