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DOI: 10.1055/s-2007-976381
Anodale tDCS über dem linken Gyrus temporalis superior [BA 22] reduziert die visuelle Benennlatenz
Mithilfe der transkraniellen Magnetstimulation (TMS/rTMS) kann die Funktionsweise sprachlicher Hirnareale untersucht werden. Häufig wird zu diesem Zweck die inzwischen allgemein akzeptierte, sogenannte „virtuelle Läsionstechnik“, sprich die Inhibition kortikaler Funktionen, eingesetzt. Im Gegensatz zu diesen hemmenden Effekten konnten jedoch auch, wenn auch seltener, fazilitierende Effekte der TMS beobachtet werden. Zum Beispiel beschleunigte die Applikation von hochfrequenter rTMS (20Hz) über dem Wernicke-Areal (posteriorer Anteil des Brodmann Areals 22) kurzzeitig die visuelle Benennlatenz. Die zugrundeliegenden Mechanismen dieser fazilitierenden Effekte sind gegenwärtig noch unbekannt. Es muss berücksichtigt werden, dass nicht nur die Art des gewählten Testparadigmas eine entscheidende Rolle spielt, sondern auch die gewählten Stimulationsparameter. Interessanterweise wurde kürzlich berichtet, dass auch eine niederfrequente rTMS (1Hz), die im allgemeinen neuronale Funktionen inhibiert, über BA 22 zu einer Beschleunigung der Antworten bei einer sprachlichen Erkennungsaufgabe führen kann.
Neben der TMS können kortikale Hirnfunktionen auch mittels transkranieller Gleichstromstimulation (tDCS) beeinflusst werden. Bei dieser Technik hängen die erzielten Effekte insbesondere von der Polarität des Stromflusses (anodal [a] vs. kathodal [b]) ab. In der gegenwärtigen Studie untersuchten wir den Einfluss von a-tDCS und k-tDCS (BA 22 links, 7min, 2mA) auf die Reaktionszeit in einer visuellen Bildbenennungsaufgabe bei Normalprobanden (n=12). Zusätzlich erfolgten als Kontrollen: a-tDCS über BA 44/45 links und eine Placebostimulation.
Wir fanden, dass a-tDCS die Benennlatenz im Vergleich zu allen anderen Bedingungen signifikant fazilitierte, während k-tDCS die Benennlatenz tendenziell verschlechterte.
Diese Effekte wurden während, direkt nach und nach 10 bzw. 20 Minuten untersucht und waren nur kurzeitig im ersten Untersuchungsblock nach der Stimulation nachweisbar.
Diese Ergebnisse sprechen in Zusammenschau mit den Ergebnissen vorangegangener TMS-Studien dafür, dass hochfrequente rTMS sowie anodale tDCS linguistisch-neuronale Prozesse in BA 22 mit einer Art präaktivierender Konditionierung beschleunigen kann. Sollte es durch weitere Optimierung der Stimulationsparameter gelingen, länger anhaltende Effekte zu induzieren, wie sie für tDCS des motorischen Kortex bereits nachgewiesen wurden, könnte der Einsatz von tDCS in der Aphasietherapie zukünftig von Vorteil sein.