Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P248
DOI: 10.1055/s-2007-976376

Klinische und diagnostische Charakteristika des Wurzelsyndroms Th1

A Ardeshiri 1, A Ardeshiri 1, TN Witt 1
  • 1München

Fragestellung: Unter den radikulären Läsionen sind Läsionen der Wurzel Th1 eine Rarität. Seltenes Auftreten und eine dem deutlich häufiger anzutreffenden C8-Syndrom ähnelnde Symptomatik erschweren die Diagnose einer Radikulopathie Th1. Anhand von drei Fallbeispielen soll auf die klinischen und diagnostischen Besonderheiten eines Th1-Syndroms eingegangen werden.

Material und Ergebnisse: Wir berichten über drei Patienten mit einem radikulären Syndrom Th1. Diagnostisch ließ sich in zwei Fällen ein lateraler, intraforaminaler Bandscheibenvorfall auf Höhe BWK 1/2, im dritten Fall die Metastase eines Zervixkarzinoms als Ursache der Radikulopathie nachweisen. Die MRT der oberen BWS und das Postmyelo-CT zeigten die wegweisenden morphologischen Befunde. Die EMG-Analyse ergab pathologische Spontanaktivität (PSA) in der Handmuskulatur (Mm. interossei, M. abductor digiti quintii, M. abductor pollicis brevis) mit Betonung im M. abductor pollicis brevis, nicht aber im M. flexor carpi ulnaris (Myotom C8). Neurographisch konnte die radikuläre Pathogenese der Sensibilitätsstörung am ulnaren Unterarm (Dermatom Th1) durch ein normales sensibles Nervenaktionspotential des N. cutaneus antebrachii medialis untermauert werden. In allen Fällen erfolgte die Operation. Die beiden Patienten mit einem Bandscheibenvorfall waren postoperativ sofort schmerzfrei, im dritten Fall waren die Schmerzen und die neurologischen Symptome regredient.

Schlussfolgerungen: Anhand von drei Fallbeispielen wird gezeigt, dass bei gründlicher Analyse von klinischer Symptomatik, Funktionsdiagnostik mit besonderer Beachtung des Verteilungsmusters von PSA im EMG und fokussierter Schnittbilddiagnostik eine radikulopathie Th1 sicher zu diagnostizieren – und von einer C8-Läsion zu differenzieren ist. Der sensiblen Neurographie des N. cutaneus antebrachii medialis kommt in der Abgrenzung zur Neuropathie des unteren Armplexus (Faszikulus inferior) besondere Bedeutung zu. Von der dekompressiven operativen Therapie profitierten alle drei Patienten.