Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P233
DOI: 10.1055/s-2007-976361

Einfluss von Angst auf die Fähigkeit zur Verhaltensinhibition bei alkoholabhängigen Patienten

E Karamatskos 1, S Karch 1, L Jäger 1, C Graz 1, A Stammel 1, W Flatz 1, J Lutz 1, B Holtschmidt-Täschner 1, J Genius 1, G Leicht 1, O Pogarell 1, M Reiser 1, HJ Möller 1, U Hegerl 1, M Soyka 1, C Mulert 1
  • 1München

Patienten mit Alkoholabhängigkeit zeigen häufig kognitive Defizite vor allem in den Bereichen Gedächtnis und exekutive Fähigkeiten (Parsons OA, Alcohol Clin Exp Res; 1998:22(4): 954–61). Unklar ist, ob bzw. inwieweit komorbide psychiatrische Erkrankungen an der Ausprägung der kognitiven Beeinträchtigungen beteiligt sind. Untersucht wurden die neuronalen Korrelate der Verhaltensinhibition bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit und gesunden Kontrollpersonen sowie der Einfluss einer komorbiden Angsterkrankung auf diese Prozesse.

Es wurden zeitgleich Verhaltensdaten, ereigniskorrelierte Potentiale (61 Kanäle entsprechend dem internationalen 10/10 Systems; Aufnahmerate: 5000Hz) und BOLD-Reaktionen (1.5 T Sonata; 10 Schichten; TR/TE=3000/53ms) erhoben, während Patienten (N=16) und alters- und geschlechtsgematchte Kontrollpersonen (N=16) eine Go/NoGo-Aufgabe ausführten. Die Patientengruppe wurde in zwei Subgruppen unterteilt in eine Gruppe mit hohen und eine mit niedrigen Angstwerten

Der Vergleich der elektrophysiologischen Daten der Patienten mit denen der Kontrollprobanden ergab keine signifikanten Unterschiede. Hingegen zeigten alkoholabhängigen Patienten mit höheren Angstwerten tendenziell schnelleren Reaktionen und leicht erhöhte NoGo-P300 Amplituden als Patienten mit geringer ausgeprägter habitueller Angst. Der Vergleich der BOLD Reaktionen von Patienten mit hohen und niedrigen BOLD Reaktionen ergaben eine stärkere Beteiligung lateral frontaler Regionen bei ängstlichen Patienten.

Die Studie legt nahe, dass die Fähigkeit zur Verhaltensinhibition bei alkoholabhängigen Patienten durch Angst beeinflusst werden kann. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass komorbide psychiatrische Erkrankungen bei der Interpretation kognitiver Funktionen von alkoholabhängigen Patienten berücksichtigt werden sollten.