Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2007-976300
Funktionelle transkranielle Dopplersonographie (fTCD) zur Bestimmung der Lateralisation von Hirnfunktionen: Von der Forschung zur klinischen Anwendung
Die funktionelle transkranielle Doppler-Sonographie (fTCD) hat als eine komplementäre Blutfluss-sensitive Methode zur Erfassung der Sprachlateralisation etabliert. Wie die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) basiert die fTCD auf dem Zusammenhang zwischen lokaler neuronaler Aktivität und den hierdurch hervorgerufenen evozierten Veränderungen des regionalen Blutflusses (neurovaskuläre Kopplung). Die Veränderungen des regionalen Blutflusses führen zu Modulationen der zerebralen Blutflussgeschwindigkeit (cerebral blood flow velocity – CBFV) in den basalen Hirnarterien, die mittels der fTCD simultan und kontinuierlich zu den Veränderungen der neuronalen Aktivität gemessen werden können. Im Unterschied zur fMRT liefert die fTCD zeitliche hochauflösende Daten über die evozierten CBFV-Veränderungen als physiologische Antwort auf die zugrundeliegende neuronale Aktivität. Die Methode ist nicht-invasiv, einfach anzuwenden und robust gegenüber Bewegungsartefakten. Hierdurch ist die fTCD für Verlaufsuntersuchungen sowie bei klinischen Untersuchungen von Patienten mit möglicherweise eingeschränkter Kooperationsfähigkeit prädestiniert und eignet sich besonders für die Untersuchung von Kindern. Über die Erfassung der Sprachlateralisation mittels fTCD liegen inzwischen umfangreiche Untersuchungen vor. Eigene Untersuchungen zeigen, dass sich die Sprachdominanz valide und reliabel bei Kindern und Erwachsenen dopplersonographisch erfassen lässt (Knecht et al. 1998; Knecht et al. 1999; Lohmann et al. 2005). Inzwischen wird die Methode zur Bestimmung der Sprachdominanz in der prächirurgischen Epilepsiediagnostik von Erwachsenen eingesetzt.
In Zusammenarbeit mit dem Epilepsie-Zentrum Bielefeld-Bethel wird die Anwendbarkeit der fTCD bei Kindern mit medikamentös nicht zu beherrschenden Epilepsien in der prächirurgischen Epilepsiediagnostik konsekutiv untersucht. In der fTCD-Untersuchung werden die Blutflussgeschwindigkeiten bilateral in den mittleren Hirnarterien während der Durchführung einer kindgerechten Sprachaufgabe (Lohmann et al. 2005) im Vergleich zu einer Ruhebedingung gemessen. Über ein standardisiertes Mittelungsverfahren („Averaging“; Deppe et al. 1997) kann ein Lateralisationsindex berechnet werden und mit anderen Lateralisationsmaßen (z.B. fMRT-Lateralisationsindex) in Beziehung gesetzt werden (Kreuzvalidierung).
Bislang wurden 10 Kinder im Alter von 6–14 Jahren mit Epilepsien unterschiedlicher Genese (v.a. Temporallappenepilepsien und symptomatische Epilepsien) untersucht. Bei acht Kindern lag zum Erfassungszeitpunkt ein alternatives Lateralisationsmaß (fMRT oder Wada-Test) vor. In einer dichotomisierten Auswertung konnte bei sieben der acht Kinder die Seite der Sprachdominanz bestätigt werden. Bei einem Kind war die Lateralisation aufgrund eines schlechten Signal-Rausch-Verhältnisses nicht bestimmbar.
Zusammenfassend weisen die ersten Untersuchungen darauf hin, dass die fTCD auch bei neuropädiatrischen Patienten zur Untersuchung der Sprachdominanz eingesetzt werden kann. Die weitere Erprobung der fTCD bei erkrankten Kindern wird zeigen, inwieweit die Methode als ungefährliches Sprachlateralisationsverfahren invasive Lateralisationsdiagnostik zum mindest teilweise ablösen kann.
Literatur:
Deppe M, Knecht S, Henningsen H, Ringelstein EB (1997) AVERAGE: a Windows program for automated analysis of event related cerebral blood flow. J Neurosci Methods 75: 147–154.
Knecht S, Deppe M, Ebner A, Henningsen H, Huber T, Jokeit H, Ringelstein EB (1998) Non-invasive determination of hemispheric language dominance using functional transcranial Doppler sonography: A comparison with the Wada test. Stroke 29: 82–86.
Knecht S, Deppe M, Ringelstein EB (1999) Determination of cognitive hemispheric lateralization by „Functional“ transcranial Doppler cross-validated by functional MRI. Stroke 30: 2491–2492.
Lohmann H, Drager B, Muller-Ehrenberg S, Deppe M, Knecht S (2005) Language lateralization in young children assessed by functional transcranial Doppler sonography. Neuroimage 24: 780–790.