Pneumologie 2007; 61 - P19
DOI: 10.1055/s-2007-973330

Aktuelle Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie der Analgetikaintoleranz: Klinische Befunde vor und nach oraler Langzeit-Aspirin-Desaktivierung

UR Juergens 1, A Raadts 1, A Gillissen 2, K Racké 3, L Schmidt-Schilling 1, H Vetter 1
  • 1Schwerpunkt Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin, Med. Univ. Poliklinik Bonn
  • 2Robert-Koch-Klinik, St. Georg, Leipzig
  • 3Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Univ. Bonn

Einleitung: Aspirinsensitive Atemwegserkrankungen (ASA) sind durch eine schwere Entzündung der Atemwege charakterisiert, die häufig mit chronisch polypoider Rhinosinusitis und steroidpflichtigem Asthma bronchiale assoziiert sind. In der Pathogenese lebensgefährlicher, bronchospastischer Reaktionen nach Hemmung der COX-1 durch NSAIDs spielen Leukotriene eine zentrale Rolle, die über eine aktivierte LTC4-Synthaseaktivität vermehrt gebildet werden.

Methodik: Stabile Asthmatiker (GINA II-IV, Alter 44,7±1, n=38) unter Therapie (FEV1 89±5%, RAW 113±12%) und anamestisch Verdacht auf eine ASA wurden in einem einfach blinden, Plazebo-kontrolliertem Protokoll mit aufsteigenden Aspirindosen stationär über 5 Tage oral provoziert. Die Provokationsdosis wurde nach einer Reaktion (FEV1–20%/RAW-10%) wiederholt bis zur Toleranzentwicklung verordnet. Lungenfunktionen (FEV1/RAW) wurden um 8/11/14/16Uhr mit stündlicher Kontrolle des Peakflows veranlasst. Nach einer Testdosis mit Paracetamol 1000mg wurde alle 3 Stunden mit aufsteigenden ASS-Dosen (6 bzw. 30mg –60mg –100mg –150mg –300mg –600mg) provoziert.

Ergebnisse: Reaktionen waren entweder isoliert nasookulär (n=20), nasal und bronchial (n=15) oder isoliert kutan (n=1) bzw. nicht nachweisbar (n=2). Bronchiale Reaktionen (p<0,004) wurden auf ASS 60mg (n=6: FEV1 –37,8%, RAW + 99,1%) und ASS 100mg (n=5: FEV1 –36,6%, RAW +121%) vergleichbar festgestellt. 4 Pat reagierten auf ASS 60mg und 100mg. Zum Zeitpunkt der akuten Desensibilisierung (ASS 600mg) wurden initiale Lungenfunktionswerte wieder erreicht. Unter Aspirin Protect 300 (2–1–0) über 6 Monate, dann 2–0–0 über 3 Monate und 1–0–0 zur Langzeit-ASS-Desaktivierung bildeten sich Polypen und Medikamentbedarf bei guter Verträglichkeit zurück.

Schlussfolgerung: Desaktivierte aspirinsensitive Asthmatiker profitieren nach dem Bonner Schema mit niedrigen ASS-Dosen durch Rückbildung der chronisch polypoiden Rhinosinusitis und des systemischen Steroidbedarfs mit drastischer Besserung des Asthmas.