Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2007; 1(04): 273-289
DOI: 10.1055/s-2007-970824
Essstörungen, somatische Belastungsstörungen, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen

Anorexia nervosa und Bulimia nervosa

Eva Katharina Krauß
,
Martina de Zwaan
Kernaussagen

Diagnostische Kriterien und Klassifikation

  • Zentrale Symptome der Anorexia nervosa und der Bulimia nervosa sind eine ausgeprägte Angst vor Gewichtszunahme („Gewichtsphobie”), restriktives Essverhalten und meistens auch eine Körperschemastörung. Das Selbstwertgefühl der Betroffenen ist in sehr hohem Maße abhängig von Gewicht und Figur [4].

Epidemiologie

  • Die Inzidenz der Essstörungen dürfte sich in den letzten 15 Jahren nicht wesentlich verändert haben. Allerdings beträgt die Prävalenz von AN und BN zusammen in der Risikogruppe der Frauen zwischen 14 und 35 Jahren 5 %.

Ätiologie

  • Zur Entstehung von Essstörungen tragen genetische, neurobiologische und psychosoziale Faktoren sowie akute und chronische Belastungen bei.

Verlauf

  • Die AN weist eine 10-Jahres-Letalität von 5,6 % auf, damit ist sie zwölfmal so hoch wie die Sterberate in der Normalbevölkerung in dieser Altersklasse. Im Verlauf der AN kommt es bei ca. 50 % zu einer Remission, bei ca. 25 % zu einer Besserung und bei 10 - 20 % zu einer Chronifizierung. Zu Übergängen in eine BN kommt es in ca. einem Drittel der Fälle. Verlauf der BN: Etwa 50 % haben nach mehr als fünf Jahren keine Symptome mehr, ca. 20 % leiden weiterhin am Vollbild der BN, ca. 30 % zeigen einen Wechsel zw. symptomfreien Phasen, Rückfällen und subklinischer Ausprägung. Übergänge in eine AN sind äußerst selten.

Komorbidität

  • Häufige komorbide Störungen sind affektive Störungen, Angststörungen, bestimmte Persönlichkeitsstörungen sowie Substanzmissbrauch und -abhängigkeit.

Organische Komplikationen

  • Die somatischen Komplikationen bei der AN sind größtenteils mit dem Starvationssyndrom verknüpft und in der Regel bei Gewichtsnormalisierung reversibel. Bei Betroffenen mit bulimischer Symptomatik muss vor allem auf den Kaliumwert geachtet werden.

Initialdiagnostik

  • Das wichtigste Instrument zur Diagnosestellung ist die Exploration.

Therapiemöglichkeiten

  • Psychotherapie gilt als Therapie der ersten Wahl. Multimodale Ansätze unter Berücksichtigung störungsspezifischer symptomorientierter Behandlungsaspekte werden empfohlen. SSRIs sind bei der Bulimia nervosa hilfreich. Im Fokus der Therapie sollte die Überbewertung von Figur und Gewicht, deren Wichtigkeit für den Selbstwert und das Essverhalten stehen. Für den Einstieg in die Therapie gibt es hilfreiche Selbsthilfemanuale.



Publication History

Publication Date:
19 June 2007 (online)

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