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DOI: 10.1055/s-2007-970675
Depersonalisation und Achtsamkeit
Unter Depersonalisation (DP) wird ein Gefühl der Entfremdung vom eigenen Selbst verstanden. Betroffene erleben sich automatenhaft, abgelöst von ihrem Körper und der eigenen geistigen Aktivität [6]. Es handelt sich um ein häufiges Phänomen mit einer Prävalenz von bis zu 74% für nicht pathologische und von 1–2% für pathologische DP in der Allgemeinbevölkerung [7, 5]. Phänomenologisch erscheint „Achtsamkeit“ [4] als das genaue Gegenteil des Bewußtseinszustandes der DP [1, 6]. Um dies erstmalig empirisch zu überprüfen wurden korrelative Zusammenhänge zwischen DP und Achtsamtkeit in einer gemischten Stichprobe von 102 Patienten einer Schmerzambulanz und 63 Studenten mittels spezifischer psychometrischer Instrumente untersucht. Die Teilnehmer füllten folgende Fragebögen aus: 1) CDS–9 (Kurzversion der Cambridge Depersonalization Scale, [5]) zur Erfassung des Ausmaßes der Depersonalisation, 2) SCL–27 zur Erfassung der allgemeinen Symptombelastung [3] und 3) Mindfulness Attention and Awareness Scale (MAAS [2]) zur Erfassung der Achtsamkeit. In der Gesamtstichprobe und den Teilstichproben fand sich ein hoher inverser Zusammenhang zwischen DP und Achtsamkeit (Gesamtstichprobe r=–0,56, p<0,001; Studenten r=–0,64 p<0,001, Schmerzpatienten r=–0,70, p<0,001). Auch nach einer Auspartialisierung des GSI und des Alters ergab sich noch ein starker inverser Zusammenhang (Gesamtstichprobe (rGSI&Alter=r –0,49 p<0,001, Schmerzpatienten rGSI&Alter=r –0,61, p=0,001, Studenten rGSI&Alter=r –0,47 p=0,001). Um weiteren Aufschluss über diejenigen Achtsamkeitserfahrungen zu erhalten, die den engsten negativen Zusammenhang mit DP aufweisen wurde eine schrittweise Regressionsanalyse berechnet. Zwei Items, die „autopilotenhaftes“ Verhalten beschreiben, klärten dabei insgesamt 37,8% der Varianz auf. Die Ergebnisse bestätigen Achtsamkeit als Gegensatz zur DP und legen dadurch den Einsatz von Achtsamkeitsübungen in der Behandlung der Depersonalisation nahe [1].
Literatur: 1. Allen, JG (2005) Coping with trauma. Hope through understandig. Washington, DC: American Psychiatric Association. 2. Brown KW, Ryan RM. (2003) The benefits of being present: mindfulness and its role in psychological well-being. J Pers Soc Psychol ;84:822-848. 3. Hardt J, Egle UT, Brahler E. (2006) Die Symptom-Checkliste-27 in Deutschland. Psychother Psychosom Med Psychol.56:276-284. 4. Heidenreich T, Michalak J (2006) Achtsamkeit und Akzeptanz als Prinzipien in der Psychotherapie. Psychotherapie im Dialog; 7: 235-240 5. Michal M, Sann U, Niebecker M, Lazanowski C, Kernhof K, Aurich S, Overbeck G, Sierra M, Berrios GE (2004) Die Erfassung des Depersonalisations-Derealisationssyndroms mit der deutschen Version der Cambridge Depersonalisation Scale (CDS). Psychother Psychosom Med Psychol. 54:367-374. 6. Schilder P (1914) Selbstbewusstsein und Persönlichkeitsbewusstsein. Eine psychopathologische Studie. Berlin: Springer. 7. Simeon D (2004) Depersonalisation Disorder: a Contemporary Overview. CNS Drugs. 18:343-354.
Achtsamkeit - Depersonalisation - Mindfulness