Pneumologie 2007; 61 - A11
DOI: 10.1055/s-2007-970615

Feinstaub: Wirkungen von der Lunge bis zum ZNS

H Schulz 1
  • 1Institut für Inhalationsbiologie, Neuherberg/München, Deutschland

Zahlreiche Studien belegen den gesundheitsgefährdenden Effekt der Feinstaubbelastung. Metaanalysen schätzen, dass die Mortalität bei einem akuten Anstieg der Feinstaubmassenbelastung um 10 µg/m3 PM10 aufgrund von Lungenerkrankungen um 1,3% und aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 0,9% ansteigt. In der Lunge wird vor allem der Partikel-assoziierte oxidative Stress als Ursache für eine entzündliche Reaktion angesehen. Eigene Studien sprechen für eine erhöhte Toxizität von ultrafeinen im Vergleich zu feinen Partikeln, die durch die hohe spezifische Partikeloberfläche der ultrafeinen Partikel bedingt ist (Stöger 2006). Bereits im niedrigen Konzentrationsbereich induzieren ultrafeine Partikel einen proinflammtorischen Status im Lungengewebe (Andre 2006). Mögliche Konsequenzen wurden am Mausmodell mit allergischer Atemwegsinfektion untersucht, wo die allergische Reaktion durch vorhergehende Exposition mit ultrafeinen Kohlenstoffpartikeln deutlich verstärkt wird (Alessandrini 2006). Dies bestätigt das epidemiologische beobachtete, erhöhte Risiko von Asthmatikern gegenüber Feinstaub und zeigt mögliche Mechanismen auf.

In Bezug auf das kardiovaskulären System ergibt sich für feinstaubassoziierte Gesundheitseffekte mittlerweile ein komplexes, durch ein breites Spektrum von Effekten gekennzeichnetes Bild. Diese führen letztlich zu Rhythmusstörungen, Herzinfarkt und Herzversagen (Schulz 2006). Hierbei spielen ultrafeine Partikel und lösliche Komponenten der Partikel eine besondere Rolle, da diese die Luft-Blutschranke überwinden (Kreyling 2004), in das Kapillarbett der Lunge gelangen und damit über die Blutgefäße alle Organe erreichen können. Die einzelnen Veränderungen sind in der Regel moderat und können selbst in der Summe vom gesunden Organismus kompensiert und damit akut toleriert werden, jedoch wird dies für Patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung kritischer. Die beobachtete Verstärkung atherosklerotischer Effekte bei chronischer Partikelexposition (Sun 2005, Künzli 2005) zeigt jedoch, dass eine erhöhte Feinstaubbelastung bereits bei beginnender, klinisch nicht manifester Erkrankung nachteilig sein kann.

Erste Studien aus Mexiko City (Calderon-Garciduenas 2004), aber auch aus kontrollierten Expositionsstudien an der Maus (Veronesi 2005), deuten darauf hin, dass vom Feinstaub potentiell auch eine Risiko für das zentrale Nervensystem ausgehen kann (Peters 2006). Eine Gesundheitsgefährdung des ZNS ist damit aber noch keineswegs nachgewiesen. Zur Stützung einer derartigen Hypothese bedarf es noch umfassender toxikologischer und epidemiologischer Studien.