Handchir Mikrochir Plast Chir 2007; 39(5): 320-321
DOI: 10.1055/s-2007-965313
Kommentar

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Kommentar zur Arbeit von C. Uhlig et al.: Neue Strategien zur Behandlung thermisch geschädigter Hände unter Berücksichtigung des Epithelersatzes Suprathel®

Handchir Mikrochir Plast Chir 2007; 39: 314 - 319Commentary on the Article of C. Uhlig et al.: New Strategies for the Treatment of Thermally Injured Hands with Regard to the Epithelial Substitute Suprathel®Handchir Mikrochir Plast Chir 2007; 39: 314 - 319H.-O. Rennekampff1
  • 1Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover
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Publikationsverlauf

eingereicht 12.3.2007

akzeptiert 1.4.2007

Publikationsdatum:
05. November 2007 (online)

In ihrem Beitrag beschreiben die Autoren Uhlig, Rapp und Dittel ihre Erfahrungen in der Behandlung brandverletzter Hände mit einem neuartigen temporären Wundverband. In der Anwendungsbeobachtung zwischen Januar 2004 und Juli 2006 wurden 109 verbrannte Hände behandelt und nachbeobachtet. Patienten mit drittgradigen Verbrennungen an den Händen wurden klassischerweise mit autologer Spalthaut transplantiert. Verbrennungen an der Hand (n = 78), die oberflächlich oder tief zweitgradig waren, wurden débridiert und mit dem temporären Wundverband Suprathel abgedeckt. In 10,3 % der mit Suprathel behandelten Händen musste sekundär eine Spalthauttransplantation durchgeführt werden. Die Autoren schlussfolgerten, dass durch die Verwendung des neuartigen Wundverbandes Suprathel bei zweitgradigen Verbrennungen an der Hand Spalthauttransplantationen vermieden werden können.

Die Arbeit von Uhlig, Rapp und Dittel beinhaltet zwei Aspekte, die von besonderer Bedeutung sind. Zum einen ist dies die Behandlung von oberflächlichen zweitgradigen Verbrennungen mit einem temporären Hautersatz im Vergleich zu der traditionell konservativen Behandlung mit Salben und zum anderen die Ausbehandlung von tief zweitgradigen Verbrennungen an der Hand ebenfalls mit einem temporären Hautersatz.

Traditionell ist die Behandlung von oberflächlich zweitgradigen Verbrennungen durch eine konservative topische Wundbehandlung zum Beispiel mittels Salben gekennzeichnet. Die Reepithelisierung ist bei dieser Verbrennungstiefe zeitgerecht aus den verbliebenen Hautanhangsgebilden zu erwarten. Die täglichen Verbandwechsel sind jedoch gerade bei den oberflächlichen Wunden deutlich schmerzhaft. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, ein Verfahren zu entwickeln, das es ermöglichte, unter einmaliger Applikation eines Wundverbandes eine Abheilung zu erreichen, um damit die schmerzhaften Verbandwechsel zu vermeiden. Die temporäre biosynthetische Wundauflage Biobrane, die in Handschuhform zur Verfügung steht, ist hierfür gut geeignet. In der Literatur sind exzellente Behandlungsergebnisse dokumentiert [[1], [4]]. In gleicher Weise wurden „Handschuhe“ mit Hydrogelplatten geklebt, die ebenfalls bis zur Reepithelisierung der Wunden verblieben.

Wie seitens der Autoren demonstriert, ermöglicht auch die einmalige Anwendung des temporären Wundverbandes Suprathel eine Ausbehandlung. Die dokumentierte Schmerzreduktion unter Suprathel ist im Vergleich zu der konservativen Behandlung mit Salben deutlich hervorzuheben. Weiteres Ziel der Behandlung mit temporären Wundverbänden war es, die Reepithelisierungszeit zu verkürzen, um die Narbenbildung zu reduzieren. Historische Arbeiten von Deitch et al. [[2]] haben gezeigt, dass eine verkürzte Reepithelisierungszeit zu einer verbesserten Narbenbildung führt. In kontrollierten Studien konnte für eine Reihe von Wundverbänden eine reduzierte Reepithelisierungszeit und nachfolgend verminderte Narbenbildung nachgewiesen werden. So wurde für Biobrane im Vergleich zum Flammazine eine um bis zu sieben Tage verkürzte Abheilungszeit beschrieben [[1], [4]]. Gleichartige Daten stehen für den temporären Wundverband Suprathel noch aus. Jedoch darf aus den klinischen Erfahrungsberichten erwartet werden, dass ähnliche Ergebnisse zu erzielen sind.

Der zweite Aspekt, der in der Arbeit von Uhlig, Rapp und Dittel Eingang findet, ist die Behandlung von tief dermalen Verbrennungen mit einem temporären Wundersatz. Klassischerweise werden derartige Verbrennungen nekrektomiert und mit Spalthaut transplantiert. Grundlage dieses Vorgehens ist eine fehlende zeitgerechte Reepithelisierung in einem Zeitraum von drei Wochen. Eine länger dauernde Reepithelisierung wurde mit einer deutlich schlechteren Narbenbildung im Vergleich zu einem Spalthauttransplantat beschrieben. Unzweifelhaft ist jedoch, dass auch bei der tief zweitgradigen Verbrennung noch vereinzelte Bulge-Regionen der Haarschäfte vital sind. Gelingt es nun mittels entsprechender Wundverbände die verbliebenen Keratinozyten derart zu stimulieren, dass es zu einer zeitgerechten, d. h. unter drei Wochen liegenden Reepithelisierung kommt, so wäre durchaus mit einem Umdenken in der Behandlung von tief zweitgradigen Verbrennungen zu rechnen. Der Artikel von Uhlig, Rapp und Dittel gibt hierzu einen Anstoß. Da jedoch die Aufschlüsselung der Daten keine Rückschlüsse über die Reepithelisierungszeiten der tief zweitgradigen Verbrennungen als auch deren Initialbefundung beinhaltet, kann derzeit noch nicht im Allgemeinen von dem Standard der Transplantation bei tief zweitgradigen Verbrennungen abgewichen werden.

Die Entwicklung von neuen synthetischen temporären Wundverbänden ist ein zusätzlicher Aspekt, der Beachtung findet. Temporäre Wundauflagen wie sie über viele Jahrzehnte verwendet wurden, wie allogene Fremdhaut und Amnion aber auch xenogene Materialien, haben ein nicht zu vernachlässigendes virales Restrisiko [[3], [5]]. Dieses ist eingehend in der Literatur beschrieben. Synthetische Materialien, bei denen ein solches Risiko ausgeschlossen werden kann, sind damit in Zukunft zu favorisieren. Haben solche Materialien dann auch noch biologische Funktionen wie die Stimulation von Zellwachstum, sind sie auf jeden Fall den biologischen Materialien vorzuziehen. Den Autoren Uhlig, Rapp und Dittel ist ein Lob auszusprechen, dass sie das Gebiet der synthetischen temporären Wundauflagen weiter bearbeiten. Inwieweit diese teuren Materialien im ambulanten und stationären Bereich eine Vergütung finden, bleibt abzuwarten. Für brandverletzte Patienten wären temporäre Wundauflagen allemal wünschenswert.

Literatur

  • 1 Barret J P, Dziewulski P, Ramzy P I, Wolf S E, Desai M H, Herndon D N. Biobrane versus 1 % silver sulfadiazine in second degree pediatric burns.  Plast Reconstr Surg. 2000;  105 62-65
  • 2 Deitch E A, Wheelahan T M, Rose M P, Clothier J, Cotter J. Hypertrophic burn scars: analysis of variables.  J Traum. 1983;  23 895-898
  • 3 Fishman J A, Patience C. Xenotransplantation: infectious risk revisited.  Am J Transplant. 2004;  4 1383-1390
  • 4 Gerding R L, Imbembo A L, Fratianne R B. Biosynthetic skin substitute vs. 1 % silver sulfadiazine for the treatment of inpatient partial-thickness thermal burns.  J Trauma. 1988;  28 1265-1269
  • 5 Kealey G P, Aguiar J, Lewis I IRW, Rosenquist M D, Strauss R G, Bale Jr J F. Cadaver skin allografts and transmission of human cytomegalovirus to burn patients.  J Am Coll Surg. 1996;  182 201-205

Prof. Dr. med. Hans-Oliver Rennekampff

Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie
Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

eMail: phw@mh-hannover.de

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