Zusammenfassung
Die Tollwut (Rabies, Lyssa) kommt beim Menschen europaweit nur noch äußerst selten
vor. Die Relevanz für Pflegekräfte in Europa ergibt sich aus gelegentlich importierten
Fällen nach Infektion in ausländischen Risikogebieten. Primär betrifft die Tollwut
Tiere. Die Epidemiologie von humanen Tollwutfällen ist abhängig von der Zahl der tierischen
Tollwuterkrankungen und vom Ausmaß menschlichen Kontakts zu diesen Tieren. Rabies
wird durch eine Reihe verschiedener Stämme hoch neurotroper Viren verursacht. Die
Infektion von Menschen erfolgt meist durch den Biss eines infizierten Tieres. Nach
der Übertragung des Virus erfolgt eine Vermehrung im Bereich der Bissstelle und eine
anschließende Ausbreitung vom peripheren (PNS) zum zentralen Nervensystem (ZNS). Hier
kommt es schließlich zur progredienten Enzephalomyelitis. Im klinischen Verlauf der
klassischen Rabies kommt es nach Infektion, Inkubation und Prodromalstadium zum akuten
neurologischen Syndrom. Hier zeigt sich die rabiestypische Symptomatik mit progredienten
Bewusstseinsstörungen, agitierten und desorientierten Verhaltensstörungen, phobischen
Spasmen (Aerophobie, Hydrophobie) und eine oft ausgeprägte autonome Dysregulation.
Im weiteren Verlauf folgen Koma und Tod. Die diagnostische Sicherung gestaltet sich
wie die Therapie schwierig. Wichtig ist deswegen die Präexpositionsprophylaxe vor
Reisen in Ländern mit endemischer Tollwut sowie eine sofortige Postexpositionsprophylaxe
nach jedem Kontakt zu einem möglicherweise tollwütigen Tier. Kommt es zur Aufnahme
eines Tollwutkranken in der Klinik, stehen zunächst hygienische Aspekte im Vordergrund.
Notwendig ist eine strikte Isolierung. Schutz vor Speichel und Endotrachealsekret
muss gewährleistet werden. Sowohl bei innerklinischen Transporten als auch im Umgang
mit Labormaterial müssen besondere Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Im Stadium
des akuten neurologischen Syndroms gestaltet sich die Pflege eines Rabiespatienten
besonders schwierig. Hier müssen vor allem äußere Reize (Luftzug, Wasser, Lärm) als
Auslöser von phobischen Spasmen vermieden werden. Auch die charakteristischen Kreislaufstörungen
(v. a. Asystolien) im Rahmen der autonomen Dysregulation erfordern eine besondere
Überwachung. Bei der Pflege in der Endphase einer Rabiesinfektion steht die Palliativpflege
im Vordergrund. Die Betreuung der Angehörigen bedarf ebenfalls besonderer Aufmerksamkeit.
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