Klin Monbl Augenheilkd 2007; 224(9): 699
DOI: 10.1055/s-2007-963462
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

X-linking

G. K. Lang1
  • 1Augenklinik Universitätsklinikum Ulm
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Publication Date:
10 September 2007 (online)

Tobias Koller und Theo Seiler geben mit ihrer Übersichtsarbeit „Therapeutsiche Quervernetzung der Hornhaut mittels UVA und Riboflavin” einen aktuellen Statusreport zum derzeitigen Stand dieser Technologie ab.

Hierzu bedienen sich die Autoren einer Medline-Literaturrecherche zu den Begriffen „cross linking und cornea”, haben also alle relevante Literatur zu diesem Thema durchgesehen, zitiert und darüber hinaus noch zum Teil eigene unveröffentlichte Daten mitgeteilt.

In diesem lesenswerten Manuskript beschränken sich die Autoren nicht nur darauf, die Vorzüge und Erfolge des cross linkings herauszuarbeiten, sondern zeigen auch auf, an welchen Stellen es noch fehlt, und geben vorsichtig zur Kenntnis, dass die in manchen Arbeiten benützte Formulierung, die Technik sei „safe und effective”, noch lange nicht verwendet werden kann, legt man die Kriterien der FDA an eine derartige Aussage an.

Aber es gibt andererseits eindeutige Hinweise auf das Potenzial des cross linkings und das macht für den Hornhautchirurgen, der mit Keratokonuspatienten und Hornhautulkuspatienten tagtäglich konfrontiert ist, diese Technologie so interessant. Die Quervernetzung (englisch cross linking, x-linking) - so die Autoren - ist Teil einer der ältesten Kulturtechniken der Menschheit, des Gerbens. Dabei werden neue chemische Bindungen innerhalb und zwischen den spannungstragenden Molekülketten des Bindegewebes geschaffen und dadurch seine biomechanischen, aber auch biochemischen Eigenschaften verändert.

Alleine dieser Satz löst beim Leser sofort die Assoziation des stabilen Leders aus mit der tagtäglichen Belastbarkeit und Robustheit des Materials für den Gebrauch im täglichen Leben.

Allerdings scheint es so einfach an der Hornhaut nicht zu sein. Die Autoren beschreiben die einzelnen Schritte, sei es experimenteller oder klinischer Art im Sinne von Pilotstudien, die notwendig waren, um bis zum heutigen Status zu gelangen. Die Gesamtzahl aller bisher publizierten Fälle liegt aber noch unter 100, ganz zu schweigen davon, das ein nicht einheitliches Studienprotokoll diesen Studien zugrunde liegt.

Dennoch ist bei aller gebotener Vor- und Umsicht die Euphorie nachvollziehbar, die diese neue Technologie mit sich bringt.

Der Keratokonus wird heute in seinen 5 Stadien am leichtesten und bereits in frühen Stadien mit dem Ophthalmometer durch ein irreguläres Reflexbildchen diagnostiziert. Anfangs lässt sich die Veränderung noch durch Brille ausgleichen, doch im weiteren Verlauf muss dem Patienten zur Korrektur mit formstabilen Kontaktlinsen geraten werden und man erleichtert ihm diesen Schritt mit der vagen Hoffnung, eines doch bisher nicht bewiesenen Korsetteffektes der harten Kontaktlinsen auf den Keratokonus.

Der nächste Wendepunkt in der Begleitung eines Keratokonuspatienten ist der Zeitpunkt, wenn die Kontaktlinsen mehrfach am Tag verloren werden, und man dem Patienten zur Hornhauttransplantation rät.

Zugegeben, von allen Hornhauttransplantationsindikationen ist der Keratokonus die Erkrankung mit der besten Prognose, aber als Histopathologe weiß man, dass die Keratokonushornhaut jeweils eine hohe Anzahl von Hornhautendothelzellen aufweist und eine reine Erkrankung der Bowmann’schen Lamelle und des Stromas darstellt.

In dieses über Jahrzehnte festgefügte Szenario platzt nun das cross linking hinein wie eine Bombe. Hiermit wird dem Hornhautchirurgen eine Methode an die Hand gegeben, mit der er bereits in Frühstadien eine Stabilisierung der Hornhaut durch Quervernetzung der Kollagenlamellen durchführen kann, ja auch eine gewisse Reversibilität von Hornhautektasien sind in den wenigen verfügbaren Literaturstellen und persönlichen Mitteilungen beschrieben.

Dies, meine sehr verehrten Leserinnen und Leser, ist und bleibt und revolutionärer Ansatz im Bereich der Hornhautbehandlung, die sich nicht nur auf Keratokonuspatienten beschränkt, sondern auch bei der so undankbaren iatrogenen Ektasie nach Lasik die therapeutische Behandlungsmethode vor der perforierenden Keratoplastik darstellt.

Auch in der Behandlung von kollagenolytischen Hornhautulzera werden teilweise Erfolge mitgeteilt.

Wir dürfen alle gespannt sein, wie schnell das cross linking seinen Weg in die Routineversorgung von Hornhautpatienten finden wird, und es würde uns allen gut anstehen, an diesen Multicenterstudien teilzunehmen, um möglichst schnell die Kriterien für eine Operationsmethode herauszuarbeiten, die dann zurecht das Prädikat „safe and effective” führen darf.

Prof. Dr. Gerhard K. Lang

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