intensiv 2008; 16(2): 102-103
DOI: 10.1055/s-2007-963442
Literaturkommentar

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prävention Venenkatheter-assoziierter Infektionen: Eine prospektive Vergleichsstudie zweier antimikrobieller Katheter

Hardy-Thorsten Panknin
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Publication Date:
02 April 2008 (online)

Katheter-assoziierte Lokalinfektionen und Septikämien gehören zu den häufigsten Komplikationen der Gefäßkatheterisierung auf der Intensivstation. Neben den sorgfältig einzuhaltenden Hygienemaßnahmen beim Legen und bei der Pflege zentraler Venenkatheter werden in vielen Zentren auch antimikrobiell imprägnierte oder beschichtete Katheter eingesetzt. Einer der hierfür am besten geeigneten Kathetertypen, der mit den Antibiotika Rifampicin und Minocyclin beschichtete Spectrum®-Katheter, weist leider zwei grundsätzliche Nachteile auf:

Der Katheter ist aufgrund der Imprägnierung mit dem hochpreisigen Rifampicin relativ teuer, der langfristige Einsatz dieses Katheters in einem klinischen Bereich, z. B. einer Intensivstation, kann zu erheblichen Resistenzproblemen bei koagulase-negativen Staphylokokken und anderen Erregern führen. Da Rifampicin ein klinisch durchaus gebräuchliches Antibiotikum ist, kann ein derartiges Resistenzrisiko nicht vernachlässigt werden.

In einer aktuellen klinischen Studie wurde daher geprüft, ob ein gleich günstiger protektiver Effekt auch mit einem silberimprägnierten Katheter erzielt werden kann. Silber wirkt aufgrund eines rein physikalischen Prozesses denaturierend auf die DNA von Mikroorgamismen, sodass eine Resistenzentstehung zumindest theoretisch kaum möglich ist. Zudem wird das Silber in einem der hochwertigsten im Handel verfügbaren silberimprägnierten Katheter, dem Oligon®-Vantex-Katheter, in Kombination mit weiteren antimikrobiellen Komponenten (Platin und Kohlenstoff) eingesetzt.

Die Studie wurde als prospektive, randomisierte Studie am Royal Brisbane and Women’s Hospital in Queensland, Australien, von einer Arbeitsgruppe um den Intensivmediziner Dr. David Fraenkel durchgeführt. Bei der Klinik handelt es sich um ein Krankenhaus der Maximalversorgung mit einer gemischten 22-Betten-Intensivstation. Alle Venenkatheter wurden von Intensivärzten unter Beachtung maximaler hygienischer Barrieremaßnahmen (steriler Kittel, sterile Handschuhe, Kopfhaube, Maske, großes Abdecktuch für den Patienten) gelegt. Die Hautdesinfektion erfolgte mit 0,5 %iger Chlorhexidinlösung in 70 % Alkohol. Katheterisierungsstellen waren in erster Linie die Vena subclavia, in zweiter Linie die V. jugularis und erst als letzte Möglichkeit die V. femoralis. Für die Abdeckung der Einstichstelle wurden Transparentverbände verwendet, die alle 7 Tage gewechselt wurden. Drei methodische Aspekte des Studienprotokolls sind besonders hervorzuheben:

Infusionssysteme wurden im Rahmen dieser Studie nur alle 7 Tage gewechselt, eine Reinsertion von Venenkathetern über einen in den vorherigen Katheter eingeführten Seldingerdraht wurde nicht erlaubt - neue Katheter mussten stets an einer neuen Insertionsstelle gelegt werden, und im Rahmen der Entfernung eines Venenkatheters wurde stets entweder eine periphere Blutkultur entnommen oder die erste aus dem neu gelegten Venenkatheter gezogene Blutprobe für eine Blutkultur verwendet. Für die Erfassung Venenkatheter-assoziierter Septikämien wurden die Definitionen der Centers for Disease Control and Prevention (CDC, Atlanta, Georgia) zugrunde gelegt, allerdings wurden zusätzlich auch „mögliche” Katheter-assoziierte Septikämien erfasst. Die Definitionen waren im einzelnen wie folgt: Gesicherte Katheter-assoziierte Septikämie: Kolonisierung des gezogenen Katheters mit > 15 Kolonien an der Katheterspitze plus Nachweis des gleichen Erregers (Identität mit molekularer Typisierung bewiesen) in einer peripheren Blutkultur, kein Nachweis des gleichen Erregers an anderer Körperstelle. Mögliche Katheter-assoziierte Septikämie, Typ 1: Kolonisierung des gezogenen Katheters mit > 15 Kolonien an der Katheterspitze plus Nachweis des gleichen Erregers (Identität mit molekularer Typisierung bewiesen) in einer peripheren Blutkultur, jedoch auch Nachweis des gleichen Erregers an anderer Körperstelle als Kolonisationskeim. Mögliche Katheter-assoziierte Septikämie, Typ 2: Kolonisierung des gezogenen Katheters mit > 15 Kolonien an der Katheterspitze plus klinische Sepsiszeichen und Entfieberung nach Ziehen des Katheters. Kein Erregernachweis durch Blutkultur bzw. Blutkultur nicht abgenommen. Mögliche Katheter-assoziierte Septikämie, Typ 3: Positive Blutkultur, klinische Sepsiszeichen, Entfieberung nach Entfernen des Katheters, keine Katheterkultur durchgeführt.

In die Studie wurden in randomisierter Abfolge 646 Katheter eingeschlossen. Bei 319 (49,4 %) dieser Katheter handelte es sich um Rifampicin-Minocyclin-imprägnierte Katheter (SpectrumR-Katheter, Fa. Cook), bei 327 (50,6 %) um Silber-Platin- Kohlenstoff-beschichtete Katheter (Oligon Vantex, Fa. Edwards LifeSciences). 89 % der Katheter konnten nach dem Ziehen mikrobiologisch durch Ausrollkultur und Flüssigkultur nach Ultraschallbehandlung untersucht werden. Protokollgerecht entnommene Blutkulturen standen für 82 % der gezogenen Rifampicin-Minocyclinund 83 % der Silber-Platin-Katheter zur Verfügung. 75 % der Insertionen erfolgten an der Vena subclavia, 13 % bzw. 11 % an der V. jugularis und V femoralis, in wenigen Fällen war der Insertionsort nicht dokumentiert worden. Die Katheterliegedauer betrug bei beiden Kathetertypen im Mittel 149 Stunden, d. h. etwas mehr als 6 Tage.

Die Ergebnisse in Bezug auf Katheter-Kolonisationen und Septikämien sind in [Tab. 1] dargestellt. Die Kolonisierungsrate war mit 14,3 / 1000 Kathetertage versus 23,4 / 1000 Kathetertage in der Rifampicin-Minocyclin-Kathetergruppe deutlich niedriger. Dieser Unterschied erreichte statistische Signifikanz (p = 0,039). Für gesicherte Katheter-assoziierte Septikämien entsprechend der oben angegebenen Definitionen waren die Zahlen für den Rifampicin-Minocyclin-Katheter ebenfalls günstiger, dieser Unterschied war jedoch nicht signifikant. Dies galt auch bei Betrachtung einzelner Untergruppen von Septikämiedefinitionen.

Tab. 1 Septikämierate in den Studiengruppen1 % der Katheter Ereignisse pro 1 000 Venenkathetertage Endpunkt RM-Katheter(n = 280) SPC-Katheter(n = 294) RM-Katheter(n = 280) SPC-Katheter(n = 294) gesicherte Septikämie 1,4 1,7 2,3 2,7 mögliche Septikämie Typ 1 1,4 1,7 2,3 2,7 mögliche Septikämie Typ 2 1,8 3,1 2,9 4,9 mögliche Septikämie Typ 3 2,5 3,1 4,0 4,9 alle Septikämien 7,1 9,5 11,5 15,3 alle kolonisierten Katheter 8,9 14,6 14,3 23,4 1Anmerkung: RM, Rifampicin-Minocyclin-Katheter; SPC, Silber-Platin-Kohlenstoff-Katheter. Alle Unterschiede nicht signifikant.

Literatur

  • 1 Fraenkel D. et al . A prospective, randomized trial of rifampicin-minocyclin-coated and silver-platinum-carbon-impregnated central venous catheters.  Crit Care Med. 2006;  34 668-675

Hardy-Thorsten Panknin

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