Frauenheilkunde up2date 2007; 1(2): 129-149
DOI: 10.1055/s-2007-960680
Allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York 2007

Gutartige und präinvasive Läsionen der Brust

M. R. Bani1 , E. Wenkel2 , A. Dimmler3 , B. Gerber4 , U. Krainick-Strobel5 , R. Schulz-Wendtland2 , P. A. Fasching1 , M. W. Beckmann1
  • 1Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen
  • 2Radiologisches Institut des Universitätsklinikums Erlangen
  • 3Pathologisches Institut des Universitätsklinikums Erlangen
  • 4Frauenklinik der Universität Rostock
  • 5Frauenklinik der Universität Tübingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. April 2007 (online)

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Epidemiologie

Einteilung. Benigne und präinvasive Lasionen der Brust haben in den letzten Jahren an Bedeutung zugenommen. Sie werden derzeit folgendermaßen klassifiziert:

UDH = Gewöhnliche („usual”) duktale Hyperplasie ADH = Atypische (Intra)duktale Hyperplasie DCIS = Duktales Carcinoma in situ ALH = Atypische lobuläre Hyperplasie LCIS = Lobuläres Carcinoma in situ.

Risikobewertung. In epidemiologischen Untersuchungen wurde die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines Mammakarzinoms bei Vorliegen einer benignen Brusterkrankung mit einem relativen Risiko (RR) zwischen 1,5 und 1,6 beschrieben. Ein erhöhtes Mammakarzinomrisiko konnte nicht nur mit atypischen Läsionen oder Karzinomen in situ in Verbindung gebracht werden, sondern auch mit Läsionen ohne Atypien. Hier liegen die relativen Risiken zwischen 1,27 und 2,27.

Ein erhöhtes Risiko für ein Mamma-Ca besteht auch bei Läsionen ohne Atypien.

In einer großen prospektiven Studie wurde der Einfluss einer pathologischen Diagnose einer nichtproliferativen Erkrankung, einer proliferativen Erkrankung ohne Atypien und einer atypischen Hyperplasie zusammen mit den bekannten Risikofaktoren Alter und Familienanamnese ausgewertet. Bei Patientinnen ohne belastete Familienanamnese ergab sich ein moderat erhöhtes Risiko für eine Brustkrebserkrankung (RR 0,89–2,95). Bei Patientinnen mit einer positiven Familienanamnese lagen die relativen Risiken zwischen 1,62 und 4,00.

Das Risiko, ein Mammakarzinom nach der primären Diagnose einer lobulären intraepithelialen Neoplasie (LIN: ALH-LCIS) innerhalb von 20 Jahren zu entwickeln, ist mit bis zu 30 % und einer Kontralateralität von bis zu 50 % zu sehen. Während das DCIS als eine echte Präkanzerose (Präkursor) mit primärem und sekundärem Ereignis an gleicher Lokalisation gilt, wird das LCIS als Risikomarker (nicht obligater Präkursor sondern Prädiktor) mit primärem und sekundärem Ereignis an verschiedenen Lokalisationen gesehen.

DCIS: Präkanzerose mit gleicher Lokalisation von primärem und sekundärem Ereignis.
LCIS: Risikomarker mit verschiedener Lokalisation von primärem und sekundärem Ereignis.

Aufgrund der verschiedenen Diagnostik und Therapiemodalitäten ist es schwierig, das RR für die Entwicklung eines invasiven Mammakarzinoms nach primärer DCIS-Diagnose zu definieren. Multimodale Therapiekonzepte wie Mastektomie, brusterhaltende Therapie, adjuvante Radiatio, gegebenenfalls adjuvante Antihormontherapie mit unterschiedlichen Nachsorge-Intervallen führen zu divergenten Angaben. Bei einer Metaanalyse zeigte sich eine lokale Rezidivrate von 22,5 % für die alleinige Lumpektomie, 8,9 % für die Lumpektomie mit Strahlentherapie und 1,4 % für die Mastektomie. Aufgrund des fehlenden Einflusses der verschiedenen Therapiemodalitäten auf das Gesamtüberleben der Patientinnen ist bei entsprechenden Kriterien das brusterhaltende Vorgehen die Standardtherapie der Wahl.

Das brusterhaltende Vorgehen ist beim invasiven Mammakarzinom nach DCIS die empfohlene Therapieoption.

Das echte Risiko des DCIS und seine Progression in ein Mammakarzinom zu beurteilen, ist eigentlich nur an einer Gruppe von Patientinnen möglich, die nach der histologischen DCIS-Diagnose keinerlei weitere Therapie durchführen lassen. Hier hat ein Subkollektiv der Nurses' Health Study gezeigt, dass in einem Zeitraum von 15 Jahren alle histologisch diagnostizierten DCIS ohne nachfolgende R-0-Resektion sich zu einem invasiven Mammakarzinom entwickelten.

Insbesondere die High-Grade-DCIS-Läsionen stellen damit nach derzeitigem Erkenntnisstand echte Präkanzerosen mit direkter Progression zur Invasion dar.

Inzidenz. Flächendeckende Daten zur Inzidenz von lobulären intraepithelialen Neoplasien (LIN) bzw. duktalen intraepithelialen Neoplasien (DIN) aus Deutschland zu akquirieren, ist ausgesprochen schwierig. Im Gegensatz zu anderen Ländern mit Mammografie-Screening ist das seit Januar 2004 gesetzlich vorgeschriebene flächendeckende Mammografie-Screening in Deutschland noch nicht implementiert, sodass die aus dem Mammografie-Screening erworbenen Daten anderer Länder noch nicht verglichen werden können. Die Daten aus dem Surveillance Epidemiology, and End Results (SEER) Data zeigen ein 57 %igen Anstieg an diagnostiziertem duktalem Carcinoma in situ (DCIS) über 20 Jahre von 2,8 % der neu diagnostizierten Mammakarzinome im Jahr 1973 zu 12,5 % im Jahr 1992. Die Anzahl der In-Situ-Karzinome wie DCIS und lobuläres Carcinoma in situ (LCIS) bei Frauen aus Screening-Programmen ist ungefähr 20 %. Sie variiert von 8,5 % aus dem Edinburgh-Screening-Projekt bis zu 26 % aus dem National-Breast- and Cervical-Cancer-Early-Detection-Program (NBCCDEDP). Hierbei zeigt sich aber, dass insbesondere bei den aktuellen Auswertungen der Jahre 1985–1989 der größeren Programme die Zahlen mit 24 bzw. 26 % über dem Mittelwert liegen.

Literatur

Dr. med. M. R. Bani

Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen

Universitätsstraße 21–23

91054 Erlangen

eMail: direktion@gyn.imed.uni-erlangen.de