Zusammenfassung
Ziel der Studie: In früheren Arbeiten wurde immer wieder von dem mangelnden Zusammenhang zwischen
der subjektiven Rehabilitationsbedürftigkeit des Antragstellers und der ärztlich festgestellten
objektiven Rehabilitationsbedürftigkeit berichtet. Der Zusammenhang zwischen Rehabilitationsbedürftigkeit
und Erschöpfung wurde bisher noch nicht untersucht. Dabei spielt Erschöpfung bei der
Antragstellung auf medizinische Rehabilitation eine bedeutende Rolle. Die chronische
Erschöpfung wird in der den Krankheitsdiagnosen zugrundeliegenden ICD nur unzulänglich
bzw. lediglich in Teildimensionen erfasst, so dass die tatsächliche Interaktion zwischen
Erschöpfung und somatischen Beschwerden bzw. vegetativer Dysregulation möglicherweise
unterschätzt und nicht ausreichend in den Rehabilitationskonzepten berücksichtigt
wird. In der vorliegenden Studie wurden folgende Fragestellungen untersucht: Wie hoch
ist das Ausmaß der Erschöpfung bei Antragstellern auf Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation? Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Erschöpfung und
der Rehabilitationsbedürftigkeit? Lässt sich die Bewilligung einer Leistung zur medizinischen
Rehabilitation anhand des Ausmaßes der subjektiven Rehabilitationsbedürftigkeit und
der Erschöpfung vorhersagen? Welche Akzeptanz hat ein Screeningfragebogen bei Rehabilitations-antragstellern?
Methodik: Einer Zufallsstichprobe von Versicherten der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover,
die zwischen Januar und März 2004 einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
gestellt hatten (n=500), wurde ein Screeningfragebogen mit Skalen zur Mobilität, körperlichen
Aktivität, beruflichen Erschöpfung, sozialen Unterstützung, Lebensbewältigung (IRES),
allgemeinen Erschöpfung (CFS) sowie mit dem SCL 14 und Items zur Rehabilitationsbedürftigkeit
zugeschickt (Rücklaufquote 85,6%). Als statistische Verfahren wurden T-Tests, Chi2 -Tests, Korrelationen, Kovarianzanalysen und logistische Regressionsmodelle berechnet.
Ergebnisse: Insgesamt waren 70,2% der Rehaantragsteller auffällig erschöpft. Erschöpfte und nicht-erschöpfte
Rehaan-tragsteller unterschieden sich weder im Alter, in der Berufsausbildung, im
Erwerbstätigkeitsstatus, in der Motivation oder in ihren Erwartungen, nach der Rehabilitation
an ihren Arbeitsplatz wieder zurückkehren zu können. Erschöpfte erfüllten signifikant
mehr Kriterien der Rehabilitationsbedürftigkeit, allerdings konnte anhand der subjektiven
Rehabilitationsbedürftigkeit und des Ausmaßes der Erschöpfung nicht vorhergesagt werden,
ob ein Antrag auf medizinische Rehabilitation bewilligt wird oder nicht. Der Screeningfragebogen
fand eine hohe Akzeptanz bei den Befragten.
Schlussfolgerungen: Erschöpfte erfüllten zwar mehr Krite-rien der subjektiven Rehabilitationsbedürftigkeit,
jedoch eignen sich die beiden Konstrukte nicht zur Vorhersage, ob ein Antrag auf Rehabilitation
entschieden wird oder nicht. Trotzdem hängt das Ausmaß der Erschöpfung mit einer Beschränkung
der Aktivität und Teilhabe zusammen. Es wird diskutiert, dass ein Scree-ningfragebogen
Dimensionen erfasst, die über die Informationen, die den Prüfärzten zur Beurteilung
vorliegen, hinausgehen. Deshalb und aufgrund der hohen Akzeptanz bei den Antragstellern
kann ein Screeningfragebogen die Entscheidungsgrundlage über einen Rehabilitationsantrag
verbessern helfen.
Abstract
Objectives: In earlier studies the lack of correlation between subjective need for rehabilitation
of the applicant and the medically determined objective need for rehabilitation was
reported again and again. The correlation between fatigue and subjective need for
rehabilitation was not yet examined so far. Nevertheless fatigue is not defined sufficiently
in the ICD, so interactions between chronic fatigue and somatic diseases are not taken
into account appropriately. The following questions are considered: How high is the
degree of chronic fatigue in insurees applying for rehabilitation? Is there a correlation
between degree of fatigue and need for rehabilitation? Is it possible to predict approval
of medical rehabilitation by fatigue and need for rehabilitation? How will insurees
accept a screening accompanying their application for rehabilitation?
Method: The study is based on data of 500 (response rate 85.6%) insurees of the pension insurance
Braunschweig-Hannover, who had applied for medical rehabilitation between 1/2004 and
3/2004. The screening instrument included: scales on functional activity, mobility,
social support, coping (IRES), the Chalder Fatigue Scale, SCL 14, Items concerning
need for rehabilitation. As statistical methods t-, chi2 -test, correlations, covariance-analysis and regression analysis are used.
Results: 70.2% of the patients claiming rehabilitation reported relevant clinical symptoms
of chronic fatigue. There were no differences in age, work status, motivation, or
expectations of returning to work, but differences in sex. Patients with chronic fatigue
met more citeria of need for rehabilitation. But the approval of medical rehabilitation
could not be predicted by fatigue and need for rehabilitation. Nevertheless the acceptance
of the screening was high in the insurees.
Conclusions: Patients with chronic fatigue met more criteria of need for rehabilitation. But the
approval of medical rehabilitation could not be predicted by fatigue and need for
rehabilitation. We assume that the reduction of activity and participation is associated
with the degree of fatigue. It is discussed that the information an investigator may
derive from a screening which is accepted by the insurees claiming medical rehabilitation
will complete the collected clinical documents in a meaningful manner.
Schlüsselwörter
Screening - Erschöpfung - Rehabilitationsbedürftigkeit - Akzeptanz von Befragungen
Key words
screening - chronic fatigue - need for rehabilitation - acceptance of inquiries