Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P76
DOI: 10.1055/s-2007-1032264

Schwere Schluckstörung mit Tracheostoma-Anlage nach Botulinumtoxininjektion

H Stolze 1, M Pötter 1, S Wailke 1, G Deuschl 1
  • 1Kiel

Wir berichten über den Fall eines 77-jährigen Patienten mit Morbus Parkinson bei dem es 15 Tage nach Injektion von je 50 U Xeomin in die Ohrspeicheldrüsen (Gesamtdosis 100U) zu einer schweren Schluckstörung mit der Notwendigkeit der Anlage eines Tracheostomas zum Aspirationsschutz gekommen war.

Der Patient war bereits zuvor wegen einer Hypersalivation im Abstand von jeweils 3 Monaten mit bis zu 500 U Dysport, bzw. 2500 U Neurobloc behandelt worden. Bei zunächst guter Wirksamkeit wurde nach einem schlechten Effekt mit Dysport mit Xeomin behandelt. 15 Tage nach Injektion stellte sich der Patient mit einer schweren Schluckstörung in der Notfallambulanz der Neurologie vor.

Der neurologische Untersuchungsbefund zeigte einen fehlenden Würgereflex bds. Die Parkinson-Erkrankung war mit einer UPDRS-III von 24 Punkten zufriedenstellend eingestellt. Hinweise für eine MSA lagen nicht vor. In der logopädischen und HNO-ärztlichen Untersuchung wurde eine schwere Schluckstörung diagnostiziert. Es war bereits zu einer Aspirationspneumonie gekommen. Unverzüglich wurde ein plastisches Tracheostoma angelegt. Zur differentialdiagnostischen Abkärung wurde ein Hirn-MRT angefertigt, welches eine Hirnstammläsion ausschließen konnte. Ein EMG der Hals- und proximalen Armmuskulatur zeigte einen Normalbefund. Erst das EMG des M. constrictor pharyngis konnte frische Denervierungen in Form von Fibrillationen und positiven scharfen Wellen nachweisen. Der Patient wurde nach der Akutphase in der neurologischen Rehabilitation behandelt, wobei der Verlauf der Schluckstörung schleppend war. 3 Monate nach der initialen Komplikation wurde der Patient erneut untersucht. Das Schlucken war weiterhin erschwert, jedoch gebessert. Ein EMG der Rachenhinterwand war wegen des starken Würgefelexes des Patienten jetzt nicht mehr durchführbar. Insofern war eine deutliche Besserung eingetreten.

In der Zusammenschau sehen wir die schwere Komplikation nicht als spezifische Nebenwirkung des Xeomins, sondern eher als einen Fehler aus einerseits einer möglicherweise falschen Indikation (bei bereits vorhandener Schluckstörung)und einem prozeduralen Fehler (wahrscheinlich zu tiefe Injektion)in der Botulinumtoxintherapie an. Bewiesen werden können diese Hypothesen jedoch nicht. Eine weitere Nachuntersuchung ist geplant.