Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P71
DOI: 10.1055/s-2007-1032259

Langzeiteffekte der Therapie mit Botulinumtoxin A bei infantiler Zerebralparese über die Medikamentenwirkung hinaus

R Placzek 1
  • 1Berlin

Einleitung: Die Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A (BoNT A) stellt inzwischen einen wesentlichen Therapiepfeiler im Behandlungskonzept der infantilen Cerebralparese (ICP) dar. Kritiker der Therapie argumentieren mit der begrenzten Wirkdauer von 2–3 Monaten im „Low Dose“-Bereich bzw. bis zu 6 Monaten bei Hochdosistherapie und der darin begründeten Notwendigkeit einer unbegrenzten Fortsetzung der Injektionen bei einem chronischen Krankheitsbild wie der ICP. Es zeigt sich jedoch in einer Reihe von Fällen eine weit über die Medikamentenwirkung hinausreichende Verbesserung der Motorik bzw. des Gangbildes.

Intention: Der genannte Langzeiteffekt wird anhand von 3 video-dokumentierte Fällen demonstriert.

Fall 1: Ein 15-jähriges Mädchen mit einer Streckspastik der Oberschenkel zeigt bei Erstvorstellung ein unsicheres Gangbild an Tetrapoden. 2 Wochen nach Erstinjektion mit BoNT A zeigt sich das Gangbild verbessert.

14 Wochen nach Injektion (ein Effekt des BoNT A liegt nicht mehr vor) zeigt sich das Gangbild weiter verbessert. Die Patientin benutzt Unterarmgehstützen.

Fall 2: Ein 5-jähriges Mädchen mit beinbetonter Tetraplegie ist zunächst nicht gehfähig d.h. ein sog. „Rutscher“. Nach Integration wiederholter BoNT A – Injektionen alle 3–4 Monate in das bestehende Behandlungskonzept ist die Patientin 9 Monate nach Therapiebeginn in der Lage an einem Backwalker zu gehen. 18 Monate nach Therapiebeginn läuft das Mädchen ohne Gehhilfen. Da das Mädchen nicht wieder vorgestellt wird findet über 9 Monate keine weitere Injektion statt. Bei dann erfolgter Wiedervorstellung läuft das Mädchen sicher und ohne Gehhilfen. Der Effekt bleibt bis zur nächsten Wiedervorstellung, 27 Monate nach der letzten BoNT – Injektion erhalten.

Fall 3: Ein 25 Monate alter Junge leidet an einer Diplegie. Bei der Erstvorstellung kann das Kind nur an den Händen des Vaters geführt werden. 2 Wochen nach Erstinjektion zeigt sich die Spitzfußsymptomatik gebessert und ein plantigrades aufsetzen der Füße ist möglich. Die Therapie wird über 10 Monate fortgesetzt bis der Junge in der Lage ist frei zu laufen. Eine danach ausbleibenden Wiedervorstellung über 6 Monate führt zu einem kompletten Wiederauftreten der Spastik. Die Gehfähigkeit des Kindes bleibt jedoch völlig erhalten.

Klinische Relevanz: Die Therapie mit BoNT A ist sicher und effektiv. Insbesondere Kinder können von einem Schub in der motorischen Entwicklung profitieren dessen Benefit über die Medikamentenwirkung hinaus bestehen bleibt.