Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P54
DOI: 10.1055/s-2007-1032243

Klinische Relevanz aktueller experimenteller Untersuchungen der Wirkung von Botulinum Toxin A auf Speicheldrüsengewebe

M Ellies 1, F Quondamatteo 1, R Laskawi 1
  • 1Göttingen

Fragestellung: Aufgrund klinischer Beobachtungen lassen sich Unterschiede bei der therapeutischen Anwendung hinsichtlich Applikationsdosen und Wirkungsdauer von Botulinum Toxin A (BTA) im Gegensatz zu anderen Indikationen, z.B. an der mimischen Muskulatur feststellen. Im Rahmen tierexperimenteller Untersuchungen konnten vor diesem klinischen Hintergrund wichtige Erkenntnisse über die Beeinflussung der Sekretion der Kopfspeicheldrüsen durch BTA gewonnen werden.

Methoden: Es wurden an weiblichen Wistar-Ratten unter Sedierung Injektionen von BTA sowohl in die Gl. submandibularis als auch in die Gl. parotis vorgenommen. Es erfolgte die immunhistochemische Untersuchung der entnommenen Drüsen, sowohl der mit BTA behandelten als auch der Kontrollen, zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Injektion.

Ergebnisse: Es zeigte sich, dass im Gegensatz zur Kontrollgruppe bereits beginnend 3 Tage nach der Injektion von BTA eine Verminderung der Acetylcholinesterasekonzentration im Drüsengewebe festzustellen war. Hiermit konnte ein histologisches Korrelat für die Wirkung von BTA auf den Acetylcholinstoffwechsel gezeigt werden, welcher insbesondere für die Wassersekretion der Drüse verantwortlich ist. In weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass auch die Konzentration der neuronalen NO-Synthase (nNOS) nach Applikation von BTA vermindert war.

Schlussfolgerung: Die klinische Wirkung von BTA zur Hemmung der Speichelsekretion ist interindividuell großen Schwankungen unterworfen. So beträgt die mittlere Wirkungsdauer nach unseren Untersuchungen circa 3 Monate, wir konnten jedoch auch Patienten beobachten, bei welchen der therapeutische Erfolg sowohl kürzer als auch deutlich länger anhielt. Als Ergebnis unserer durchgeführten experimentellen Untersuchungen ist hier die Frage zu diskutieren, ob neben der zu erwartenden Beeinflussung des Acetylcholinesterase-Stoffwechsels auch die nachgewiesene Beeinflussung des NO-Stoffwechsels insbesondere für die differierende Kinetik der Anwendung von BTA an den Kopfspeicheldrüsen verantwortlich ist. Somit kann eine praxisorientierte Grundlagenforschung wertvolle Hinweise zur Optimierung der klinischen Anwendung von BTA am betroffenen Patienten liefern. Klinisch ist hier z.B. die Erhöhung der Standarddosisempfehlung zur Injektion der Gl. submandibularis von 10 U auf 15 U Botox® zu nennen.