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DOI: 10.1055/s-2007-1025255
Rechtliche Grenzen der Sorge für schwerstgeschädigte Neugeborene?*
Legal Limits in the Care of Seriously Impaired Newborns? * Vortrag, gehalten am 10. Oktober 1992 beim 18. Symposium der Deutsch-Österreichischen Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin; die Vortragsform ist beibehalten. Die wichtigsten Literaturhinweise sind angefügt.Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
13. März 2008 (online)

Abstract
For the determination of legal limits in the care of seriously impaired newborns no real or presumed decisions of the patient are at hand. An autonomy of the patient (such as informed consent/refusal) does not exist nor do individual signs that would allow assumptions about the newborn's will. Also, decisions of the legal guardians are not binding if they are directed against the child's interests. Judgements based on arguments that consider social and psychological facts must be rejected as well as considerations about the rightfulness of an abortion on eugenic grounds.
Solely general legal principles and norms can serve as a guideline for the determination
of such limits:
- "life" as the most precious value guaranteed by constitution,
- the ban of the killing of any human being as a criminal act,
- the physicians general objectives that are based on professional ethics and affect
law.
From this can be deducted:
- Any obligation of the physician ends with the cerebral death of the patient.
- The obligation to prolong life ceases with: irreversible coma, or if necessary operations
would result in such coma, or if life that befits a human being can never be secured
without the help of mechanical ventilation, or if survival would constantly require
new serious operations, or if imminent death could only be postponed for a short period
of time.
- All life in its physical and mental unity is equal; there is no differentiation
as to the obligation to preserve life.
- The effort to preserve the life of premature neonates is indicated if according
to scientific evidence the outcome seems promising even though it could result in
a severe handicap.
Zusammenfassung
Für die Bestimmung der rechtlichen Grenzen stehen weder wirkliche noch mutmaßliche Patientenentscheidungen zur Verfügung. Patientenautonomie (informed consent/informed refusal) gibt es nicht und individuelle Bezugspunkte für eine Mutmaßung des Willens des Neugeborenen fehlen. Entscheidungen der gesetzlichen Vertreter sind unverbindlich, wenn sie sich gegen Kindesinteressen richten. Eine Argumentation mit sozialen und psychischen Gegebenheiten und mit der Zulässigkeit eines Schwangerschaftsabbruches aus eugenischen Gründen verbietet sich.
Als Leitlinien zur Bestimmung der Grenze können nur allgemeine Rechtsnormen und -prinzipien
dienen:
- der von der Verfassung garantierte Wert des ,,Höchstguts" Leben,
- das strafbewährte Verbot der Tötung eines jeden Menschen sowie
- die standesethisch begründete, ins Recht hineinwirkende Zielsetzung des ärztlichen
Auftrages.
Daraus läßt sich ableiten:
- jegliche ärztliche Pflicht endet mit dem Hirntod (der Anencephalus steht einem Hirntoten
nicht gleich),
- die Lebensverlängerungspflicht erlischt bei irreversibler Bewußtlosigkeit, wenn
notwendige Eingriffe diese zur Folge hätte, wenn eine von Beatmungsapparaten unabhängige
menschenwürdige Lebensfähigkeit nicht erlangt werden kann, wenn zur Lebenserhaltung
ständig neue schwere Eingriffe notwendig wären, oder der Eintritt des absehbaren Todes
nur um kurze Zeit verzögert werden könnte.
- Alles Leben als körperliche und geistige Einheit ist gleichwertig; es gibt keine
Unterschiede in der Lebenserhaltungspflicht.
- Der Versuch der Erhaltung des Lebens von Frühgeborenen ist geboten, wenn dies nach
wissenschaftlicher Erkenntnis Erfolg verspricht, auch, wenn das schwere Behinderungen
zur Folge haben kann.