Geburtshilfe Frauenheilkd 1993; 53(12): 860-865
DOI: 10.1055/s-2007-1023740
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Stellenwert der tumorreduktiven Sekundäroperation (Interventionslaparotomie) beim Ovarialkarzinom

Value of Secondary Debulking Surgery After Chemotherapy in Patients with Ovarian CancerW. Meier, M. Römisch, H. Hepp
  • Frauenklinik (Direktor: Prof. Dr. H. Hepp) im Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Auch durch gesteigerte Radikalität beim Primäreingriff ist es bis heute nicht gelungen, den Anteil makroskopisch tumorfrei operierter Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom auf mehr als 20 bis 50% zu steigern. Da der initial verbliebene Tumorrest als entscheidender Prognoseparameter in den hohen Stadien zu werten ist, somit also Patientinnen mit Tumorrest deutlich schlechter hinsichtlich der Überlebenszeit und rezidivfreien Zeit abschneiden, gilt es, zumindest für den Teil der Patientinnen, die bei initial verbliebenem Tumorrest auf die Chemotherapie mit einer Partial- bzw. Komplettremission reagieren, neue Therapiestrategien zu entwickeln. Über den Stellenwert von Sekundäroperationen herrscht heute weitgehend Uneinigkeit. Bisher konnte in keiner prospektiven Studie ein Benefit für die Gesamtheit der Patientinnen mit Zweitoperation nachgewiesen werden. Einigkeit besteht lediglich darüber, daß die sogenannte klassische Second-look-Operation, die bei Patientinnen mit initialer Tumorfreiheit alleine zum Nachweis der klinisch und apparativ vermuteten Komplettremission geführt wird, keine Verbesserung hinsichtlich der Überlebenszeit erbringt. Im Zeitraum von Januar 1984 bis Juli 1990 wurden insgesamt 346 Patientinnen mit Ovarialkarzinom an unserer Klinik primär behandelt. 190 dieser Patientinnen unterzogen sich einer Sekundäroperation. Bei 93 dieser Patientinnen wurde diese Operation als sogenannte Interventionslaparotomie zur Tumorreduktion durchgeführt. 41% dieser 93 Patientinnen konnten bei der Interventionslaparotomie makroskopisch tumorfrei operiert wurden, bei 38% der Frauen verblieb ein Tumorrest bis 2 cm und bei 21% ein Tumorrest von mehr als 2 cm. Bei der Interventionslaparotomie tumorfrei operierte Patientinnen überleben im Mittel 46 Monate, während bei Tumorrest bis 2 cm diese mittlere Überlebenszeit 31 Monate beträgt. Verbleibt ein Rest von mehr als 2 cm, so ergibt sich eine mittlere Überlebenszeit von 20 Monaten. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Patientengruppen sind jeweils signifikant. Die Patientinnen, die sich bei initialem Tumorrest und gutem Ansprechen auf die Chemotherapie keiner weiteren Operation unterzogen, überleben im Mittel 35 Monate. Es zeigt sich deutlich, daß bei der Interventionslaparotomie makroskopisch tumorfrei operierte Frauen gegenüber Patientinnen ohne nochmalige Operation profitieren. Dies gilt sowohl für die Überlebenszeit als auch für die rezidivfreie Zeit. Nach unseren Ergebnissen sollte eine Interventionslaparotomie dann durchgeführt werden, wenn die Aussicht auf eine makroskopische Tumorfreiheit nach dem Eingriff besteht. Nur diese Patientinnen schneiden signifikant besser ab als Frauen ohne nochmalige Operation. Durch die Zusammenschau aller präoperativen Kriterien, wie Computertomogramm, Kernspintomographie, CA 125 Verlauf und Immunszintigraphie, kann es gelingen, diejenigen Patientinnen zu selektionieren, bei denen eine Tumorreduktion anläßlich der Interventionslaparotomie möglich sein wird. Es bleibt festzuhalten, daß bei initialem Tumorrest und gutem Ansprechen auf die Chemotherapie bei 41% der Patientinnen anläßlich der Interventionslaparotomie eine makroskopische Tumorfreiheit erreicht werden kann. Dies führt zu einer signifikanten Verbesserung der mittleren Überlebenszeit und rezidivfreien Zeit.

Abstract

Only 20-50% of patients with advanced ovarian cancer have minimal residual disease after aggressive primary cytoreductive surgery. For patients with residual tumour, responding to platinum-based chemotherapy, new therapeutic procedures should be attempted. In most cases, the benefit of performing secondary surgery could not be clearly demonstrated. But there is a consensus of opinion that a second-look procedure in order to confirm complete remission does not improve survival. Between January 1984 and July 1990, 346 patients with primary ovarian cancer were treated at our institution. 190 patients underwent secondary surgery, 93 of these had secondary debulking and are part of the study. After secondary cytoreductive surgery 38 patients (41%) had no residual disease, 35 patients (38%) had disease less than 2 cm, and 20 patients (21%) had disease greater than 2 cm. Mean survival in patients with no residual disease after secondary debulking surgery was 46 months and significantly longer as in patients with residual disease. Patients with residual tumour at primary surgery and no secondary cytoreductive operation survived 35 months, with a significant difference to the patients with secondary debulking and no residual disease. Secondary debulking surgery should be performed in all patients in whom minimal residual disease can be achieved. Preoperative diagnostic tools, including CA 125 value, computed tomography and immunoscintigraphy, should predict a tumour-free situation after secondary cytoreductive surgery.

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