Geburtshilfe Frauenheilkd 1993; 53(10): 657-666
DOI: 10.1055/s-2007-1023605
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Verursachen Sexualsteroide Brust- und Genitalkarzinome? Epidemiologische Daten - der gegenwärtige Stand (Juli 1993)*

Do Sexual Steroids Cause Carcinomas of the Breast and Genital Organs? Epidemiologie Data - Present Status (July 1993)F. K. Beller
  • Department of Obstetrics and Gynecology, The University of Iowa Hospitals and Clinics, Iowa City, Iowa, USA
* Herrn Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Joseph Zander zum 75. Geburtstag gewidmet.
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Publication Date:
16 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Der gegenwärtige Stand der epidemiologischen Literatur ergibt, daß das relative Risiko für das Ovarialkarzinom durch die Anwendung von Östrogen, sei es in Form der Pille oder als Substitutionstherapie, auf weniger als 0,5 vermindert wird. Dieses Ergebnis wurde ausnahmslos gleichsinnig in allen Arbeiten beobachtet. Die Verminderung wird nach 4 Monaten manifest und bleibt für viele Jahre nach Absetzen bestehen. Das gleiche gilt für das Endometriumkarzinom, sofern Östrogene zusammen mit Gestagenen angewandt werden. Die alleinige Östrogenverabreichung führt zur Erhöhung des RR bis auf 3-4. Eine Hyperproliferation kann zum Endometriumkarzinom führen. Für das Zervixkarzinom gibt es gegenwärtig keine Zahlen, die zu der Annahme berechtigen, daß das RR für ein Plattenepithelkarzinom der Zervix erhöht wird. Diese Aussage gilt nicht für das Adenokarzinom der Zervix, da zu wenig Fälle untersucht worden sind. Für das Brustkarzinom gilt folgendes: Die Anwendung von OCs vor dem 45. Lebensjahr erhöht das RR nicht. Das gilt auch für Frauen, bei denen ein Risikofaktor besteht wie Familienanamnese, Dauer der Anwendung, gutartige Brusterkrankungen, OC-Anwendung vor der ersten Schwangerschaft, Nulliparität, Nichtstillen. Möglich, aber nicht bewiesen, ist ein geringer Anstieg des RR auf 1,3 bei Frauen, bei denen der Brustkrebs vor dem Alter von 34 Jahren diagnostiziert wurde. Akzeptiert man diese Erhöhung, dann muß man ebenso bei Frauen nach dem 45. Lebensjahr mit einer Verminderung des RR rechnen. Die Anwendung einer hormonalen Substitutionstherapie bis zu 4 Jahren erhöht das RR nicht. Das gleiche gilt für die Substitutionstherapie mit Gestagenen, obwohl für diese Aussage die Zahlen noch sehr klein sind. Aus den Ergebnissen einiger Studien ist gefolgert worden, daß nach einer Langzeittherapie (länger als 15 Jahre) ein geringer Anstieg des RR auf 1,3 möglich ist. Fine kausale Beziehung zum Brustkrebs ist jedoch nicht festgestellt worden. Es ist bisher nicht behauptet worden, daß Östrogene Brustkrebs erzeugen. Wenn sich der geringfügige Anstieg des RR bestätigen sollte, würde das bedeuten, daß bei einer kleinen Gruppe sehr junger Frauen Östrogene das Wachstum eines bestehenden Brustkrebses beschleunigen können.

Abstract

Present literature on epidemiology shows, that estrogens administered either in the form of contraceptives or as replacement therapy will reduce the relative risk of ovarian carcinoma to less than 0.5. Likewise this result was also seen in all studies without exception. The reduction becomes manifest after four months and is maintained for many years following discontinuation. The same applies to corpus carcinoma, provided estrogens are administered concomitantly with gestagens. Administration of estrogens alone results in enhancing the relative risk up to 3-4. Hyperproüferation can lead to carcinoma of the endometrium. No data are presently available for cervical carcinoma, thatwould justify the assumption, that the relative risk for squamous cell carcinoma of the cervix is increased. This statement does not apply to the adenocarcinoma of the cervix, since too few cases have been studied. The following statements apply to carcinoma of the breast: OC's (oral contraceptives) taken before the age of 45 do not increase the relative risk. This is also true of females, for whom a risk factor exists, as for example family case history, period of administration, benign diseases of the breast, use of OC's before the first pregnancy, nulliparity, no breast-feeding. Possible, but not proven is a slight increase in relative risk to 1.3 in females, in whom carcinoma of the breast had been diagnosed before the age of 34. If this increase is accepted, one must likewise expect a decrease in relative risk after the age of 45. A hormonal replacement therapy for up to four years will not increase the relative risk. This applies also to replacement therapy with gestagens, even though only few data are available at present. It has been concluded from the results of some studies, that a slight increase in relative risk to 1.3 is possible after long-term therapy (more than 15 years). However, no causal relationship to cancer of the breast has been established. It has not been claimed so far, that estrogens cause cancer of the breast. Should the slight relative risk increase be confirmed, this would mean, that in a small group of very young females, estrogens may promote the growth of an already existing cancer of the breast.

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