Geburtshilfe Frauenheilkd 1998; 58(12): 625-631
DOI: 10.1055/s-2007-1023015
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die gestörte Trophoblastinvasion bei Präeklampsie - eine Übersicht über neue Erkenntnisse zur Ätiologie

The Etiology of Disturbed Trophoblast Invasion in Pre-EclampsiaF. Reister1 , W. Heyl1 , P. Kaufmann2 , W. Rath1
  • 1Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
  • 2Institut für Anatomie, Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen gehören auch heute noch zu den häufigsten Ursachen der mütterlichen und kindlichen Morbidität und Mortalität. Weitgehend anerkannt ist eine im Zentrum der Pathogenese stehende mangelhafte Invasion von extravillösen Trophoblastzellen in die myometranen Segmente der Spiralarterien. Die damit verbundene inadäquate Adaptation dieser Gefäße an den drastisch erhöhten Durchblutungsbedarf des Uterus in der Schwangerschaft hat eine plazentare Hypoxie zur Folge, die über eine Freisetzung bisher unbekannter Mediatoren letztlich zu dem heterogenen Bild hypertensiver Schwangerschaftskomplikationen führen soll. Die Ursachen dieser insuffizienten Trophoplastinvasion sind bisher nicht hinreichend geklärt. In der Literatur finden sich Hinweise für eine verminderte HLA-G Expression der Trophoplastzellen bei Präeklampsie. In der Folge könnte es zu einer verschlechterten Maskierung dieser Zellen gegenüber dem maternalen Immunsystem und damit zur Induktion einer maternalen Immunantwort kommen. Daneben wurde über ein verändertes Integrinexpressionsmuster auf der Trophoblastoberfläche berichtet. Als Folge wird eine Nichtausprägung des erforderlichen endothelartigen Phänotyps bei endovaskulären Trophoblastzellen diskutiert, außerdem eine beeinträchtigte Invasionsfähigkeit des Trophoblasten. Die gleiche Folge hat möglicherweise eine veränderte Sekretion von matrixauflösenden Proteasen durch invadierende Trophoblastzellen bei Präeklampsie. Hier sind die Ergebnisse allerdings noch widersprüchlich. Aktuelle Untersuchungen lassen vermuten, daß auch immunkompetente Zellen (NK-Zellen. Makrophagen) bei der gestörten Trophoblastinvasion eine pathophysiologische Bedeutung aufweisen. So haben zahlreiche von ihnen sezernierte Zytokine einen modulierenden Einfluß auf Trophoblastwachstum und -motilität. Darüber hinaus könnten immunkompetente Zellen auch eine Beeinträchtigung des Prostaglandinstoffwechsels, der bei Präeklampsie verändert ist, verursachen. Es ist denkbar, daß eine Veränderung im Gleichgewicht dieser vasoaktiven Substanzen im Plazentabett die Dilatation der uteroplazentaren Arterien behindert. Dies kann auch durch genetisch determinierte Varianten des Angiotensinogens verursacht werden. Darüber hinaus werden diese pathologischen Angiotensinogen-Varianten mit möglichen atherotischen Veränderungen der Spiralarterien in Verbindung gebracht. Obwohl ein schlüssiges Gesamtkonzept für die gestörte Trophoblastinvasion bei Präeklampsie derzeit noch nicht erstellt werden kann, muß man von einem Zusammenwirken multipler Faktoren ausgehen.

Abstract

Pre-eclampsia remains a leading cause of maternal and infant morbidity and mortality. Insufficient invasion of trophoblast cells into the myometrial portions of the spiral arteries is thought to play a crucial role in the development of pre-eclampsia. As a consequence. uteroplacental vessels fail to undergo adaptive changes which are imperative to provide a sufficient blood supply to the placenta. Consecutive placental hypoxia is supposed to cause secretion/shedding of still unidentified placental metabolites resulting in different forms of pregnancy-induced hypertension. This review presents published data concerning the causes of insufficient trophoblast invasion in preeclampsia. Expression of HLA-G by extravillous trophoblast cells seems to be altered, resulting in activation of the maternal immune system. The pattern of integrin expression as well as the secretion of proteases is reported to be disturbed, which could lead to a reduced invasive potential of the trophoblast cells. Recent data indicate a pathophysiological role of NK-cells and macrophages in the altered trophoblast invasion. In summary, preeclampsia seems to be induced by a multifactorial disturbance of trophoblast invasiveness which is characterised by reduced invasiveness of the trophoblast cells themselves and by an activated maternal immune response blocking the invasion by the semiallogenic trophoblast.

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