Zusammenfassung
Fragestellung: Es sollte überprüft werden, ob je nach ethnischer Zugehörigkeit neben ungleichen
Zugangs- auch unterschiedliche Versorgungsbedingungen für Migrantinnen im Vergleich
zu deutschen Patientinnen im Krankenhaus existieren. Material und Methodik: In einer retrospektiven Querschnittsanalyse der Inanspruchnahme der gynäkologischen
Notfallambulanz des Virchow-Klinikums, eines Berliner Krankenhauses der Maximalversorgung,
wurden anhand der von den Ärzten aufgezeichneten Untersuchungsereignisse und -ergebnisse
die Daten von 285 deutschen und 311 nichtdeutschen Patientinnen, die von Januar bis
April 1996 die Erste Hilfe der Frauenklinik in Anspruch nahmen, nach festgelegten
Kriterien aus der archivierten Notfalldokumentation (sog. 1. Hilfe-Scheine) erhoben
und statistisch ausgewertet (p<0,05). Ergebnisse: Migrantinnen suchen überproportional häufig die Notfallambulanz auf, ohne daß dort
jedoch eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. Ausländische Frauen nehmen
die Notfallambulanz - wahrscheinlich aus familiären u./o. sozialen Gründen - häufiger
am Wochenende und in den späten Abendstunden in Anspruch. Das in der Notfallambulanz
erfaßte Beschwerdenspektrum und der diagnostizierte Anteil psychosomatischer Krankheitsbilder
ist bei deutschen und ausländischen Frauen in etwa gleich. Es zeigt sich ebenfalls
kein signifikanter Unterschied in Art und Häufigkeit von Therapieverordnungen bei
eher psychosomatischen Erkrankungen. Insgesamt wurden bei ausländischen Patientinnen
häufiger therapeutische Maßnahmen verordnet als bei deutschen, eventuell um sprachliche
Unsicherheit durch „therapeutische Sicherheit“ zu kompensieren. Schlußfolgerung: Bei ausländischen Patientinnen wird weniger schriftlich dokumentiert. Spärliche oder
keine Dokumentation kann als Ausdruck für einen unterschiedlichen Umgang mit ausländischen
Patienten gesehen werden und ungleiche Versorgungsbedingungen kennzeichnen. Eine ungenügende
bzw. geringere Anamneseerhebung bei Ausländerinnen führt aber offenbar nicht zu Qualitätseinbußen
bei Diagnose bzw. Therapie.
Abstract
Background: Analyse of factors referring to ethnical origin that indicate unequal approach as
well as different care conditions for foreign-born female patients compared to German
female patients in hospital. Study design and methods: A retrospective, cross-sectional study was based on the examination of 258 German
and 311 non-German female patients in the Emergency Department of Gynaecology of a
Berlin hospital affording maximum care. Statistical evaluation of data was performed,
the data having been selected according to defined criteria (p<0.05). Results: There is a very high presentation of foreign-born female patients in the emergency
department, although an adequate infrastructure is lacking. Foreign-born women frequent
the gynaecological emergency department more often on weekends and in the late evening
- probably for social reasons. An almost equal spectrum of symptoms an equal proportion
of psychosomatic diagnoses was seen. The results do not indicate any significant difference
in the type and frequency of treatment for psychosomatic disease. Foreign-born female
patients were given treatment more frequently than German female patients. This “overtreatment”
might be a compensation for language difficulties. Conclusion: There is less medical documentation on foreign female patients. Deficient or no documentation
may express different medical behaviour in respect of female patients and point to
unequal care conditions. Fortunately. insufficient or incomplete health history of
foreign female patients do not influence the quality of diagnosis and treatment.